Haarspalterei

Haare sind im hiesigen Haushalt ja ein Quell unerschöpflichen Diskussionsbedarfs. Man hat welche. Wie ich. Oder eben nicht, bzw. an den falschen Stellen. Wie der MamS. Wegen der immer wieder auftretenden Dispute bezüglich abgängiger, dunkler Haare auf weißem Fliesenboden empfahl ich dem MamS ja bereits des Öfteren, im nächsten Leben einen Nacktmull zu ehelichen. Oder einen Frosch. Heute lag die Problematik jedoch ganz woanders:

Er so, säuselnd: „Die Haare machste Dir aber dann schon noch schön?“
Ich so: „Die sind schön. Gewaschen und noch ein bisschen feucht.“
Er so: „Die sehen aber nicht so aus wie sonst.“
Ich so, trotzig: „Können sie auch nicht. Ich werde nämlich den Teufel tun und mir bei 35 Grad Außentemperatur 15 Minuten lang 60 Grad heiße Fönluft auf die Birne blasen. Das bleibt so.“

Zugegeben: Ohne chemische Krücken, Handarbeit und nachdem mein Kopf 8 Wochen keinen Friseur gesehen hat, würde ich einen Ma Flodder-lookalike-Wettbewerb deutlich gewinnen. Aber das ist ja jetzt nicht der Punkt, wie ich finde.

Er so: „Jetzt noch ne Kippe und du siehst aus wie ne Hausfrau in Leicestershire.“
Ich so: „Keine Ahnung, wie englische Hausfrauen aussehen. Ich sehe so aus wie ich aussehe. Punkt.“
Er so: „So kannst Du aber nicht unter Leute!“
Ich so: „Ich will nicht unter Leute. Ich will zum Edeka. Dafür wird’s reichen.“
Er so: „Die hängen rum. Und oben kommt schon wieder Grau nach. So geh‘ ich mit Dir nicht weg.“
Ich so: „Hör mal: Du hast fast gar keine Haare mehr. Und die noch Vorhandenen sind insgesamt grau. Ich muss jeden einzelnen Tag so mit Dir weg. Und? Na? Merkst Du was? Kannst ja alleine einkaufen.“
Er so: „In einer jungen Beziehung würdest Du Dich nicht so gehen lassen.“
Ich so: „Stimmt. In einer noch jungen Beziehung hätte ich nämlich nicht genug Mumm in der Bluse, einem unverschämten Kerl wie Dir verbal eins vor den Latz zu treten.“
Er so, kleinlaut: „Festiger?“
Ich so, sehr laut: „NEIN!“

Am Ende unserer klitzekleinen Frisurdebatte wechselt der MamS die Hosen von Büro- auf Weekendstyle. Anscheinend kneift die Unterbuxe nach einem Arbeitstag im Sitzberuf, denn mit ruckartigen Handbewegungen befreit er eben die Kronjuwelen aus einer offenbar kniffligen Situation. Diese Steilvorlage kann ich natürlich nicht ablehnen.
„In einer jungen Beziehung würdest du nicht vor meinen Augen derart ungeniert mit den Hoden wackeln“, echauffiere ich mich. „Stimmt!“, sagt er. „Dann hätte ich jetzt schon gar keine Hosen mehr an“.

Jetzt halten wir uns beide die mittlerweile nicht mehr unbeleibten Bäuche vor Lachen. Ich bastle mir aus purer Nächstenliebe aus meinem zugegebenermaßen traurigen Haarverhau zwei Pippi Kurzstrumpf-Rebellenzöpfe, die Dixie später ein „Das sieht aber witzig aus, hihi!“ abringen werden. Dann fahren wir zum Einkaufen.

Das ist das Schöne an langjährigen Beziehungen: Zum Messen müssen Worte schon nicht mehr auf die Gold- sondern schon auf die Bodenwaage gelegt werden. Und das mit den Zöpfen mache ich jetzt vielleicht öfter.

Einen pfiffigen Abend wünscht
moggadodde

Fischermanns Freundin

Zur Feier des Tages (ja, Dixie hat heute tatsächlich die Zusage für eine fair bezahlte Anstellung erhalten, wird sich also nicht in einer Wellblechhütte von erbettelten Konserven oder selbst gerissenen Eichhörnchen ernähren müssen) waren wir heute zusammen in Würzburg unterwegs.
Für eine kleine Stärkung enterten wir den Krebs, einen schwimmenden Imbiss zwischen Altem Kranen und Alter Mainbrücke. Wie das Würzblog hier schon berichtet hat gibt es allerhand fischiges und ich war schon lange gespannt auf die Meefischli, einer hiesigen Spezialität, die nicht allzu häufig zu fangen ist.

Ausgerechnet heute gab es das leider nicht. Aber der nette Chefsmutje hatte eine Alternative: Gebackene Sardinen, die praktisch gleich schmecken, ihr kurzes Leben aber eben nur nicht im Main, sondern in den Weiten des Ozeans verbrachten: Meerfischli quasi. Sie schmeckten zwar lecker, noch besser waren aber die Calamari, die Dixie gewählt hatte. Ãœblicherweise kenne ich Calamari nur als fett frittierten Fakefisch, der sich kaut wie ein dicker, weißer Haargummi und zu gesundem Fletschern zwingt, bis er klein genug ist, um ihn durch die Speiseröhre pressen zu können. Die Krebs’schen Calamari sind zwar auch frittiert, verfügen allerdings über eine feine Gaumenschmeichler-Konsistenz und schmecken einfach poseidonisch. Es gibt auch Fish’n’Chips, Matjes, Hering und Lachs im Weggle sowie gebackene Forelle mit hausgemachtem Kartoffelsalat.

Es gibt keine Toiletten, aber einige Sitzplätze auf Deck und wenn ein dickeres Schiff vorbeigleitet, beginnt der kleine Futterkahn angenehm sanft zu schaukeln. Der traumhafte Blick auf Würzburger Wahrzeichen ist übrigens inklusive.

Für den kleinen Fischhunger zwischendurch ist der Imbiss von Kapitän Schätzl jedenfalls genau der richtige Anlaufhafen.

Ahoi!
moggadodde

Cinnamon Dieu!

Als Mutter eines schulpflichtigen Faulpelzes gibt es schlechtere Eigenschaften als die Fähigkeit, zu beinahe jeder Fragestellung die passende Eselsbrücke zu klöppeln.
Die neueste Herausforderung waren die Baltikumstaaten: Litauen, Estland, Lettland. Die passenden Hauptstädte standen im Gedächtnis stets parat, die korrekte Zuordnung allerdings entzog sich standhaft meines Langzeit-Erinnerungsvermögens. Um für die hiesigen, interfamiliär en passent praktizierten Allgemeinwissensbattles gerüstet zu sein, waren also drei tippitoppi Eselsbrücken gefragt.

1.
Stelle ich die Buchstaben von Litauen um, erhalte ich zwar noch lange nicht Vilnius, aber immerhin habe ich am Anfang der beiden Worte einen Konsonanten und danach ein „I“, bei den drei Ländern und die einzige, zu findende Gemeinsamkeit: Liiiiitauen – Viiiiiilnius.

2.
Estland liegt irgendwie im Osten (= Est). Im Osten wird gerne mit allerlei geheimnisvollen Giften gemeuchelt, mitunter auch mit Thallium, wie im Fall des einen oder anderen Journalisten, weshalb meine Phantasie die Vermutung nahe legt, dass Tallin die Hauptstadt von Estland ist.

3.
Lettland. Hat man die anderen beiden Kandidatenpaare einmal in den Niederungen des Gehirns zementiert ist klar, dass nur noch Riga übrig bleibt, ich mir weitere Kopfspaltereien sparen kann und für die nächsten Herausforderungen gewappnet bin.

Apropos Herausforderung: Bisher unbekannt war mir ja die „Cinnamon Challenge“. Ein inzwischen recht erkleckliches Trüppchen tollkühner Trottel Spaßvögel versucht sich an der oralen Verklappung eines Esslöffels Zimtpulvers. Was zunächst nach einem putzigen Kinderspiel klingt, wird durch gewisse anatomische und stofftypische Eigenschaften zur fast unlösbaren Aufgabe. Clips mit prustenden, würgenden, zappelnden, um Sauerstoff ringende Teenies erspare ich Euch und mir hier aus ästhetischen Gründen.

Zuerst war ich entsetzt. Aber dann dachte ich nach: Eine Mutprobe war früher vielleicht, Regenwürmer zu essen, vom 10 m-Brett zu hüpfen oder dem gewaltbereiten Aggro-Rudi aus der 5. auf dem Weg zum Pausenhof ein Bein stellen. Wer das einmal probiert hat, tut es nicht wieder. Ähnlich scheint es sich mit der Cinnamon Challenge zu verhalten, die überdies leider auch ziemlich gefährlich sein kann, während man bei Aggro-Rudi höchstens mit einem blauen Auge davon kam. Oder zwei. Oder einem gebrochenen Kiefer.

Die größte und härteste Mutprobe überhaupt hat sich aber seit Jahrzehnten nicht geändert und ist nur für wirklich harte Kerls und Girls zu schaffen: Gegen den immensen Mut, „Nein, mach‘ ich nicht!“ zu sagen, ist jeder Regenwurm, jeder Aggro-Rudi und jeder Esslöffel Zimt wirklich nur ein Kinderspiel! Give it a try, kids!

Einen mutigen Abend wünscht
moggadodde

Mehr schlecht als Recht

„Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir“, sagt des Volkes Gosche. Zwar weiß ich nicht, wofür man z.B. sowas

noch jemals brauchen könnte, aber das spielt hier keine Rolle. Meine Matheschwäche ist inzwischen ja weithin bekannt und auch die Kinder haben in meinem Genpool diesbezüglich sehr nah an der Oberfläche gefischt.

Trotzdem hat Dixie inzwischen ihre Ausbildung mit auch sie selbst überraschenden recht ansehnlichen Ergebnissen abgeschlossen. Das Motto der letzten Wochen lautet deshalb: Ein neuer Job muss her. Aus eigener, langjähriger Erfahrung weiß ich, dass viele Arbeitgeber im allgemeinen und hier Anwälte als Arbeitgeber im Besonderen mitunter eine eher unverschämte zurückhaltende Vergütungspraxis üben. Offenbar ist man bei manchen dieser Halsabschneider Arbeitgeber der Meinung, eine Rechtsanwaltsfachangestellte könnte sich bereits über das reine Betrachten von Paragraphenzeichen ernähren, benötigt weder Bus, Bahn noch Auto sondern reitet morgens hübsch gemütlich sowie völlig kostenlos auf einem Ziegelstein zur Arbeit und wohnt bis zum Renteneintritt im Caravan, bei den Eltern oder einem Partner, der für einen Teil der Wohnungsmiete aufkommt.

Der Verdienst für diese auch nicht gerade anspruchslose Arbeit ist derart lachhaft, dass sich darüber selbst Auszubildende bei Lebensmittel-Discountern, Automobilherstellern, im öffentlichen Dienst oder in vielen anderen Zweigen grölend auf die Schenkel klopfen, ehe sie den jährlichen Urlaubsflieger in ein all-incl. Ferienziel ihrer Wahl besteigen. Beim letzten Bewerbungsgespräch bot der potenzielle Arbeitgeber auf der grünen Wiese einen Verdienst an, der einem Nettogehalt von ca. 850 € entspricht. Ausgezeichnet! Dann kann Dixie ja knobeln, ob sie sich ein Auto/eine Busfahrkarte ODER eine Wohnung leistet, denn beides ist bei einem Mindestmaß an beabsichtigter Nahrungsaufnahme und dem einen oder anderen Kino- oder Konzertbesuch kaum drin. Ich meine: WTF!
Stunden-, tage-, monatelang könnte ich mich echauffieren über diese Praxis, gut ausgebildete, fähige und engagierte Frauen sowie wenige Männer in dieser ansonsten gut bezahlten Branche mit einem Hungerlöhnchen abzuspeisen, der sie vor die verdammte Wahl stellt, entweder schon zu Beginn ihres Berufslebens bei den einschlägigigen Ämtern oder den Erzeugern um finanzielle Hilfe zu betteln oder sich einem Typen als Verdienstlückenfüller an den Hals zu werfen. Kein Tarif, keine Gewerkschaft, keine Lobby: Die Rechtsanwaltsfachangestellten sind die RVGearschten der Nation!

Die düstere, finanzielle Perspektive auf dem Bodensatz der Jurisprudenzgefilde lässt Dixie nun trotzdem auch nach anderen, beruflichen Ufern Ausschau halten: Sie bewirbt sich morgen um eine Stelle im Allgemeinen Vollzugsdienst. Der Andrang wird groß sein, die Platzziffer erschließt sich aus letztem Zeugnis und den morgigen Prüfungsbeurteilungen. Sie hat eine tippitoppi Abschlussprüfung und ein breit gefächertes Allgemeinwissen, ich bin zuversichtlich, dass sie nicht schlecht abschneiden wird. Und um es mit dem verehrten @radulfrumpel zu sagen: Gestorben und eingesperrt wird immer.

Ach, früher war alles so einfach: Wir Eltern mussten zusehen, dass genug Pampers im Haus waren oder Dixie mit der Schaufel nicht allzu fest auf den Kopf des Sandkastenpartners einkloppte. Zu unseren Aufgaben gehörte, ihre blähungsbedingten Schreiattacken vor Eintritt der in der Hausordnung angesagten Nachtruhe in den Griff zu kriegen, sie zu veranlassen, nicht wieder ins Auto zu kotzen oder zu verhindern, dass sie beim Restaurantbesuch an den Nebentischen allzu penetrant um Pommes bettelt.
Eingangs erwähnter Volksmund hat zuweilen aber auch Recht: Kleine Kinder kleine Sorgen – und auch bei großen Kindern werden die Sorgen nicht kleiner.

Einen unermüdlichen Abend wünscht
moggadodde

Schon vorbei: Umsonst und Draußen 2012

Nach einem Tag Zwangspause ging es heute zum Finaltag nochmals aufs Würzburger Umsonst & Draußen-Festival. Wieder hatte mich das Programmheft mein Bauchgefühl ins richtige Zelt geführt. Das Rehan Syed Ensemble hat mich sofort gefangen.

Gypsy Jazz

Ohnehin mag ich Django Reinhardt und seinen Gypsy Jazz. Rehan Syed und seine Kollegen Thomas Buffy, Alex Bomba und Simon Ort beherrschen ihre Instrumente mit einer Virtuosität, dass einem beim Zuschauen beinahe schwindelt. Wieselflinke Finger und Plektren zupfen in aberwitziger Geschwindigkeit über die Saiten, der Bogen flitzt über die Violine und dabei sehen die Jungs so ruhig und entspannt aus, als säßen sie gerade im Bus oder flirteten im Supermarkt mit der Kassiererin. Das Rehan Syed Ensemble war ein absolut hochwertiges Hörvergnügen am Sonntagnachmittag und ich konnte beobachten, dass die angebotene CD völlig verdient recht oft verkauft werden konnte.

Langsam wurde es dunkler am Himmel. Ein Hüngerchen trieb mich zum Catering des Backstage-Bereichs, wo ich eine ziemlich lausige Lasagne aß. Mag sein, dass ich lasagnetechnisch verwöhnt bin. Aber das war leider ein Schuss in den forno.

Ich beeilte mich, denn im Kinderkulturzelt wollte ich mir auch Conrads Kartell nicht entgehen lassen.

Der Oberkartellist Hannes hat sich witzige und auch hintersinnige Texte ersonnen und niemand merkte, dass das heute erst der zweite, öffentliche Auftritt der im Herbst 2011 gegründeten Gruppe war. Die Einflüsse von Rio Reiser und Tom Waits sind jedenfalls unüberhörbar. Es wäre fantastisch, wenn Conrads Kartell noch viele weitere Gelegenheiten bekämen, ihre Songs zu Gehör zu bringen. Sie sind nämlich wirklich schön.

Mittlerweile regnete es heftig, es war windig und kalt. Zwar hatte ich noch einiges auf der to-hear-Liste, aber leider auch keine richtige Lust mehr. An einer Bude hatte ich mir schlauerweise ein 50 ct-Regencape besorgt und es brachte mich auch halbwegs trocken zum Auto. Dort legte ich erst einmal die Rehan Syed-Scheibe ein und zu „Bei mir bist du schön“ schaukelte ich fröhlich nach Hause.

Apropos schön: Schön war es auch heuer, das U&D. Friedlich, fröhlich und Eierkuchen gab’s hundertprozentig auch irgendwo. Es war gut besucht, wieder perfekt organisiert, mit vielfältigem Angebot auch für noch so unterschiedlich geartete Ohren.

Für mich als Landkreisei ist die Parksituation von nicht unerheblicher Bedeutung. 6 Euro Parkgebühr für komplette 4 Tage in unmittelbarer Nachbarschaft zur Veranstaltung bezeichne ich da als ungeheuer günstig. Für einen Einkauf in der Innenstadt zahle ich in jedem Parkhaus mehr, und zwar noch bevor ich die zweite Hose anprobiert habe. Also auch hier ein dickes „Danke“ an die Veranstalter!

Bis zum nächsten Jahr, U&D!
moggadodde