„Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir“, sagt des Volkes Gosche. Zwar weiß ich nicht, wofür man z.B. sowas
noch jemals brauchen könnte, aber das spielt hier keine Rolle. Meine Matheschwäche ist inzwischen ja weithin bekannt und auch die Kinder haben in meinem Genpool diesbezüglich sehr nah an der Oberfläche gefischt.
Trotzdem hat Dixie inzwischen ihre Ausbildung mit auch sie selbst überraschenden recht ansehnlichen Ergebnissen abgeschlossen. Das Motto der letzten Wochen lautet deshalb: Ein neuer Job muss her. Aus eigener, langjähriger Erfahrung weiß ich, dass viele Arbeitgeber im allgemeinen und hier Anwälte als Arbeitgeber im Besonderen mitunter eine eher unverschämte zurückhaltende Vergütungspraxis üben. Offenbar ist man bei manchen dieser Halsabschneider Arbeitgeber der Meinung, eine Rechtsanwaltsfachangestellte könnte sich bereits über das reine Betrachten von Paragraphenzeichen ernähren, benötigt weder Bus, Bahn noch Auto sondern reitet morgens hübsch gemütlich sowie völlig kostenlos auf einem Ziegelstein zur Arbeit und wohnt bis zum Renteneintritt im Caravan, bei den Eltern oder einem Partner, der für einen Teil der Wohnungsmiete aufkommt.
Der Verdienst für diese auch nicht gerade anspruchslose Arbeit ist derart lachhaft, dass sich darüber selbst Auszubildende bei Lebensmittel-Discountern, Automobilherstellern, im öffentlichen Dienst oder in vielen anderen Zweigen grölend auf die Schenkel klopfen, ehe sie den jährlichen Urlaubsflieger in ein all-incl. Ferienziel ihrer Wahl besteigen. Beim letzten Bewerbungsgespräch bot der potenzielle Arbeitgeber auf der grünen Wiese einen Verdienst an, der einem Nettogehalt von ca. 850 € entspricht. Ausgezeichnet! Dann kann Dixie ja knobeln, ob sie sich ein Auto/eine Busfahrkarte ODER eine Wohnung leistet, denn beides ist bei einem Mindestmaß an beabsichtigter Nahrungsaufnahme und dem einen oder anderen Kino- oder Konzertbesuch kaum drin. Ich meine: WTF!
Stunden-, tage-, monatelang könnte ich mich echauffieren über diese Praxis, gut ausgebildete, fähige und engagierte Frauen sowie wenige Männer in dieser ansonsten gut bezahlten Branche mit einem Hungerlöhnchen abzuspeisen, der sie vor die verdammte Wahl stellt, entweder schon zu Beginn ihres Berufslebens bei den einschlägigigen Ämtern oder den Erzeugern um finanzielle Hilfe zu betteln oder sich einem Typen als Verdienstlückenfüller an den Hals zu werfen. Kein Tarif, keine Gewerkschaft, keine Lobby: Die Rechtsanwaltsfachangestellten sind die RVGearschten der Nation!
Die düstere, finanzielle Perspektive auf dem Bodensatz der Jurisprudenzgefilde lässt Dixie nun trotzdem auch nach anderen, beruflichen Ufern Ausschau halten: Sie bewirbt sich morgen um eine Stelle im Allgemeinen Vollzugsdienst. Der Andrang wird groß sein, die Platzziffer erschließt sich aus letztem Zeugnis und den morgigen Prüfungsbeurteilungen. Sie hat eine tippitoppi Abschlussprüfung und ein breit gefächertes Allgemeinwissen, ich bin zuversichtlich, dass sie nicht schlecht abschneiden wird. Und um es mit dem verehrten @radulfrumpel zu sagen: Gestorben und eingesperrt wird immer.
Ach, früher war alles so einfach: Wir Eltern mussten zusehen, dass genug Pampers im Haus waren oder Dixie mit der Schaufel nicht allzu fest auf den Kopf des Sandkastenpartners einkloppte. Zu unseren Aufgaben gehörte, ihre blähungsbedingten Schreiattacken vor Eintritt der in der Hausordnung angesagten Nachtruhe in den Griff zu kriegen, sie zu veranlassen, nicht wieder ins Auto zu kotzen oder zu verhindern, dass sie beim Restaurantbesuch an den Nebentischen allzu penetrant um Pommes bettelt.
Eingangs erwähnter Volksmund hat zuweilen aber auch Recht: Kleine Kinder kleine Sorgen – und auch bei großen Kindern werden die Sorgen nicht kleiner.
Einen unermüdlichen Abend wünscht
moggadodde