Polka, Ball und Prosa

Der zweite Tag auf dem U&D war gestern gefühlt zu kurz. Den Anfang des Abends bewegten die 2/4-Takter von Vladiwoodstok. Vom Prinzip der Polka im Zweivierteltakt hörte ich vor Jahren erstmals bei Squalus, der mich mit Humppa, dem finnischen Foxtrott und Eläkeläiset bekannt machte. Vladiwoodstok pflegen einen ähnlichen Stil und es ist wirklich beinahe nicht möglich, hier die Glieder unter Kontrolle zu halten. Beine zappeln, Arme wippen, Köpfe nicken: Guter Stoff für ein erstklassiges und mitreißendes Extremitätenworkout für die ganze Familie!

Aber Musik in allen Ehren: Das Spiel der Jogiboys gegen die Granitgriechen konnte ich mir als aktiver Passivsportlerin ja nur schlecht entgehen lassen. Zum Glück hatten die Festivalverantwortlichen ein Einsehen, parkten eine imposante Leinwand an günstiger Stelle und bescherten uns so einen skurrilen Klangteppich aus semiphilosophischen Béla Réthy-Sportkommentaren und wummernden Bässen der „I Heart Sharks“ von der nahen Drinnen-Bühne. Verlockend, was ich dort hörte, aber ich hatte dank @Onkel_Heiko, @huldine und @radulfrumpel einen großartigen Sitzplatz, den ich nicht im Traum aufzugeben gedachte.

Nach dem Spiel und diversen Kaltgetränken musste wollte ich dringend die ebenfalls benachbarten Dixis aufsuchen. Die etwa 10 am Ende des Geländes platzierten Örtchen waren mitnichten still, was aber nicht das Problem war. Die Plastikpipiboxen wurden vielmehr durch einen ungeschickt exponiert platzierten Scheinwerfer von weiter hinten derart ungünstig und durchdringend illuminiert, dass die Wartenden vor den Häuschen sämtliche Vorgänge darin sehr deutlich wahrnehmen konnten. Ich für meinen Teil verspürte wenig Lust auf Scherenschnitt-Voyeuristen, kniff das Bläschen nochmal fest zusammen und marschierte zur Draußen-Bühne, wo weitere Dixis, nun allerdings in völliger Finsternis liegend, warteten. Von Klopapier-Fummeleien und Stolperaktionen auf 0,3 qm hielt ich angesichts eines schwächelnden Handyakkus (Licht, mehr Licht!) allerdings ebenfalls nichts und gönnte mir nach einem weiteren, kleinen Marsch an den Anfang des Geländes endlich einen Besuch im blickdichten, hellen, sauberen und mit genügend Klopapier versehenen Toilettenwagen.

Derart erleichtert konnte ich anschließend dem bereits viel gelobten Max Prosa auf der Draußenbühne lauschen. Vielleicht hat er mich auf dem falschen Fuß erwischt, vielleicht war er zur falschen Zeit am falschen Ort, vielleicht ist es einfach nur nicht mein Geschmack: Trotz perfekt arrangierter Melodien hat Max Prosa mich persönlich nicht sonderlich berührt, viele andere aber waren hingerissen und begeistert. Man kann es einfach mögen oder nicht, man kann es aber ausprobieren und sich mit offenen Ohren auf Neues einlassen: Auch das ist das Schöne an einem Festival wie dem U&D Würzburg.

Einen stimmigen Abend wünscht
moggadodde

Auf die Ohren, Würzburg! – Umsonst & Draußen 2012

Das beste Festival überhaupt hat seit gestern wieder seine Pforten geöffnet und feiert heuer sogar Silberhochzeit: 25 Jahre Umsonst & Draußen in Würzburg!
Schon im letzten Jahr hatte ich ein paarmal darüber berichtet und natürlich streifte ich auch gestern mit vielen Bloggern, Twitteristi und einer dank des prachtvollen Festivalwetters erfreulich großen Menge anderer Besucher über das wunderbar gelegene Gelände auf den Mainwiesen.

Musik satt aus allen möglichen und unmöglichen Genres erwartete uns. Es ist natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, alle angebotenen Acts von Anfang bis Ende zu verfolgen.
Mein persönliches Programm startete gestern mit der leidenschaftlichen Darbietung einiger Rotzlöffel auf der Drinnen-Bühne. Für den MamS als altem Westcoast- und Bluesboy wären die „Scallwags“ wohl nichts gewesen, aber mir gefiel der Mix aus Rock ’n‘ Roll und Punk schon gut, wie ich überhaupt der Meinung bin, dass dieser Welt manchmal eine Spur mehr Punk schon gut zu Gesicht stünde!

Punkrock 'n' Roll

Dass der gemeine Franke nicht nur Sturheit, sondern auch mehr als eine Prise Blues und Soul im Blut hat, zeigten Leslie & Clyde

Auch der Franke hat Soul und Blues!

danach auf der Draußen-Bühne, aber vollends überraschte das Bamberger „Kellerkommando“.
Meine Ohren wurden ja schon mit allerlei schrägen Kombinationen bekannt gemacht, aber die Vereinigung von alten Volksweisen und Kerweliedern mit robustem HipHop und Rap ist außergewöhnlich und liest sich nicht nicht nur verrückt. Es bleibt auch beim Hören schräg, ist aber unglaublich eingängig, weil man viele Lieder schon lange kennt und die mitreißende Vorführung schließt ein Stillstehen vollkommen aus.

Kerwe meets HipHop

Die teils recht deftigen Texte machen schmunzeln, trachterne Blechbläser auf einer Bühne mit sonnenbebrilltem Rapper sind auch fürs Auge ungewöhnlich und sorgten für ausgelassene Stimmung.

Auf die cubanischen Buena-Vista-Rhythmen war ich am meisten gespannt. Kaum hatten Soneros de Verdad Karibikflair an den Main gebracht, fielen wie zum Trotz die ersten Tropfen aus dem fränkischen Nachthimmel. In der Ferne sah ich schon Blitze zucken. Sofort funkte ich Dixie an und mahnte zum Aufbruch. Wir saßen kaum im Auto, als ein stattliches Unwetter niederging. Ein solches Gewitter auf einem mit Elektronik beladenen Geläuf, das am Wasser und unter Bäumen liegt: Es ist nur nachvollziehbar, dass das Gelände aus Sicherheitsgründen geräumt werden musste.

Viel schönere, als die mit meiner Kinderknipse aufgenommenen Bilder könnt Ihr übrigens im stets aktuell gepflegten U&D-Blog sehen. Es stehen noch drei Festivaltage aus. Zeit genug! Also kommt, seht, hört und vergnügt Euch!

Offene Ohren wünscht
moggadodde

Ich war mal kurz weg

Kürzlich weilte ich ja für ein paar Tage in Italien. Zwar ist die Gegend um den Gardasee ja inzwischen quasi der Zweitwohnsitz zumindest vieler Süddeutscher. Wir Unterfranken, maretechnisch strategisch äußerst ungünstig gelegen in der Mitte zwischen Nordsee und Mittelmeer, sitzen da locker schon mal 8 lange Stunden im Auto. Trotzdem ist der Gardasee das am schnellsten erreichbare Gewässer mit südlichem Flair, fremdländischem Zungenschlag und den typischen Panini in Golfballkonsistenz.

Wir mieteten uns mit 8 Personen in einem kleinen Hotel ein, in San Zeno di Montagna, fast 600 m über dem See gelegen. Umso verwunderlicher, dass der heilige Namensgeber u.a. der Schutzpatron gegen Überschwemmungen ist. In dieser Höhe ist sowas ja auch eher selten anzutreffen.

600 m Luftlinie und ein atemberaubender Blick auf den See bedeuten allerdings auch 20 Minuten Gegurke über aberwitzig enge Serpentinen. Die Italienerin in mir befand meinen Fahrstil als angemessen, der MamS, ganz Teutone der Herzen, war angesichts dessen Zügigkeit allerdings nicht begeistert. Er fuhr mir ständig in die Parade. Verunsichert durch ihren unablässig moppernden Vater meckerten die Kinder im Fond dauernd irgendwas à la „Muddah, mach langsam!“ und der MamS hielt auch nicht die Klappe, sondern maßregelte mich permanent, was mich allerdings recht wenig anfocht, sondern sogar, ich gebe es ungern zu, anstachelte. Immerhin fahren wir kein Goggomobil, sondern ein technisch hochwertiges Vehikel japanischer Provinienz mit allerlei Sperenzien. ESP, ASR und ABS sind nicht zum Spaß im Auris Hybrid verbaut. Ich bin auch nicht wenig motorisiert unterwegs, habe seit 25 Jahren ununterbrochen den Führerschein und erst zwei kleinere Unfälle auf dem Konto, davon nur einer selbst verschuldet und dieser wiederum bereits 20 Jahre zurück liegend. Etwas mehr Vertrauen in mich, meine Fähigkeiten und das Auto hätte ich schon begrüßt. Ein beherzter Einwurf: „Dann fahr doch einfach selbst, Himmelarschundzwirn!“, erübrigte sich allerdings angesichts diverser, vom MamS im Ristorante genossener, aperolhaltiger Kaltgetränke. Ich glaube, auch die Italiener sind bei der Alkohol-am-Steuer-Problematik recht unentspannt. Er hatte also keine Wahl, denn Führerscheinneuling Dixie überkam schon angesichts der ersten beiden Biegungen mit Gegenverkehr das kalte Grausen.

Der See selbst war wie immer: Wunderhübsch und majestätisch anzusehen und von gefühlten Myriaden von Lokalitäten gesäumt. In einigen fühlt man sich als Ausländer sogar ernst genommen. Ich habe vor Jahren mehrere Semester Italienisch gelernt, um mit fundiertem Wissen punkten zu können, aber viele der eingeborenen Kellner ignorieren grammatikalisch völlig korrekt dargebotene Bestellungen und servieren zu allem Ãœberfluss selbst noch reichlich verhunzt „Zwei Espresso!“. Zu gerne hätte ich insistiert und den einen oder anderen pomadigen Cameriere bezüglich italienischer Grammatik aufgeklärt, aber dafür war der Tag dann doch zu schade. Fortan bestellte ich konsequent auf Deutsch. Sollen sie sich ja nur nicht beschweren, dass der Teutone die Gestade des Lago überschwemmt! Wer seine Sprache nicht pflegt, hat nichts Besseres verdient.

Für kulturelle Aktivitäten bot sich nur wenig Raum. Wir nutzten die knappe Zeit für üppige Exkursionen durch Pizza-, Eis- und Getränkekarten sowie zum Auftanken des Seelenspeichers durch ausgedehnte, liquidoptische Streicheleinheiten. Immerhin hatten wenigstens die Jungs Gelegenheit, sich trotz der relativ kühlen Temperaturen im See zu tummeln.

Auf der Suche nach kulinarisch wertvollen Locations befragte der MamS einmal halbherzig seinen Jahrzehnte alten Reiseführer. Zwar war es ihm egal, wo wir speisten: Hauptsache lecker und nicht so teuer. Ich aber fühlte brennenden Ehrgeiz: Ich wollte nun wissen, wo dieses „Nanni“ oder „Nonno“ oder „Nanna“ oder so ähnlich in Costermano zu finden sei, aber die überalterte Navigationsuschi wollte den Weg so recht nicht weisen. Zugegeben, wir gerieten beide ein wenig in Rage, die beziehungsinterne Stimmung war aus diversen Gründen ohnehin seit Stunden nicht die Beste. So hielt ich ziemlich bockig einfach auf dem Parkplatz eines Supermarktes und schnappte mir die nächstbeste Italienerin. Nach dem Weg zu fragen hat für manche Männer möglicherweise etwas Entwürdigendes. Lieber preschen sie stundenlang durch die Pampa, als auch nur irgendeinen umherstreundenden Rentner anzusprechen, der sie und ihre gebieterische Ehre durch bloßes Fragen offenbar auszulöschen vermag. Der alte Charles Darwin könnte das vielleicht erklären. Ich kann es nicht.

Die nette Parkplatz-Italienerin wies mir jedenfalls wortreich den Weg. Mittlerweile hatte sich der MamS zu unser aller, körperlichen und seelischen Unversehrtheit ins andere Auto absentiert und war von dannen gerauscht. Mit der lieben SchwäSu, die seinen Platz dankenswerterweise eingenommen hatte, fuhr ich fast direttamente das gesuchte Ristorante an. Es war teuer. Und die überall angebrachten Kameras vermittelten eher nachrichtendienstliche Tätigkeiten als ordentliche Pizzabäckerkunst. Aber, bitte: Wir hatten es immerhin versucht!

Schließlich aßen wir an diesem Abend in einem überaus reizend gelegenen Lokal in der Nähe des Hotels, das die Männer und wir unabhängig (!) voneinander sowie bar jeglichen Point of interest-Hokuspokus‘ nur nach Augenschein ausgewählt hatten und wo niemand großartig des Deutschen mächtig war. Dort endlich legte man eine erfrischende, südländische Behäbigkeit hinsichtlich des Servierens von Speisen und Ãœberbringen von Rechnungen an den Tag. Na also! Geht doch, Gardasee!

Auf der Heimreise schüttete es auf der Brennerautobahn wie aus himmlischen Kübeln. Die Temperatur sank in Windeseile um satte 15 Grad und ich pflügte den treuen Toyota wacker durch die Fluten. Pünktlich zum Anpfiff des EM-Spiels gegen Portugal schaltete der MamS den Fernseher ein und ich startete die erste Waschmaschinenladung. Schon jetzt war der Gardasee ganz weit weg und reichlich unwirklich. Nur ein leichter Sonnenbrand auf der Schulter erinnerte noch daran.
Beim nächsten mal werde ich also:

1. Ordentlich Sonnenschutz auftragen.
2. Einen etwas längeren Aufenthalt etwas weiter unten buchen.
3. Gleich auf deutsch bestellen.
4. Eine Krankheit im Gasfuß vorschützen und den MamS fahren lassen.

Hört sich nach einem guten Plan an.

Eine buona notte wünscht
moggadodde

My heart will go on

Natürlich bin auch ich nicht besonders scharf darauf, an meinen eigenen Tod zu denken. Allerdings, und das ist so sicher wie der Papst katholisch, erwischt es jeden. Arm und reich, dick und dünn, Säufer und Raucher, Sportskanone und Couchpotato. Wir alle „kick the bucket“ irgendwann, wie der Amerikaner sagt, ob wir wollen oder nicht.

Eben habe ich willkürlich aus purer Neugier eine der im Internet üppigst vorhandenen Seiten zur Berechnung meines Todeszeitpunkts besucht. Schließlich will ich ja wissen, woran ich bin mit diesem Leben und ob es sich überhaupt lohnt, das Auto nochmal zur Reparatur zu bringen, die Küche zu tapezieren oder am Mittwoch zur Pediküre zu gehen. Mir wurde beschieden, dass ich am 15.08.2037 den Löffel werde abgeben müssen. Eine Menge Zeit, wie ich finde aber, zugegeben, ich habe ein wenig geschummelt, als es um Sport- und Gesundheitsfragen ging, es könnte also gut sein, dass ich schon vorher ins Gras beiße. Die Kunst ist ja nicht, möglichst lange zu leben, sondern möglichst lange die Sau rauszulassen gut zu leben.

Mit diesem Wunsch bin ich nicht die Einzige. Im Gegensatz zu mir gibt es aber sehr viele Menschen, mit denen es die alte Gerda Glück im Leben nicht so nett meint. Denen sie Krankheiten schickt, die sie entstellen oder schreckliche Schmerzen bescheren oder zum Erhalt dieses bisschen Lebens an Furcht erregende Maschinen fesseln, bevor sich das unberechenbare Aas nach Monaten Hoffen und Bangens doch dazu entschließt, sie über den Jordan zu schicken.

Mir geht es prima. Bis auf ein paarmal äußerst lästigen Herpesbefalls im Jahr und die üblichen, läppischen Kinkerlitz-Krankheiten bin ich gesund. Trotzdem weiß ich, dass es, während ich hier sitze und entspannt mit den Zehen wackle, einen ganzen Haufen Menschen gibt, die gerade, just in diesem Moment, verschlaucht und verkabelt verzweifelt um ihr nacktes Leben kämpfen.

Schon lange bin ich in der DKMS registriert. Die Entnahmeprozedur ist sicher, relativ unkompliziert und hat sich seit vielen Jahren bewährt. Wieso also sollte ich nicht versuchen, mit nur einer fingerhutgroßen Menge meines reichlich vorhandenen Knochenmarks einem der vielen Leukämiekranken auf diesem Planeten, der zum Überleben dringend darauf angewiesen ist, aus der Patsche zu helfen? Eben! Die Aufnahme in die Knochenmarkspenderdatei war also schnell entschieden. Vielleicht bin ich ja irgendwann für irgendwen die Richtige.

Bei der Organspende war ich lange unschlüssig. Die derzeit laufendene Kampagne der Bundesregierung, jeden Bürger in festen Abständen an diese Möglichkeit der Lebensrettung zu erinnern, halte ich für gut. Mich selbst zwang sie endlich wieder zum Nachdenken, wie ich es selbst damit halten will. Es ist ja durchaus möglich, dass ich nicht erst 2037 abtrete, sondern schon morgen auf dem Parkplatz der Katakomben blindlings vor einen Laster laufe oder mich ein überambitionierter Kraftfahrer mitsamt meiner Reisschüssel von der B 8 schubst. Ich läge also dann in meinem Auto, vielleicht nicht gleich aber dann doch etwas später in einem Zustand, der von Gesundung so weit weg ist wie die Erde von der Sonne.
Wenngleich ich äußerlich allmählich zu welken beginne, sind meine inneren Organe Werte, soweit ich das überblicken kann, in einem tippitoppi Zustand, von kleineren Abnutzungserscheinungen bei überwiegend bestimmungsgemäßem Gebrauch einmal abgesehen.
Wäre es also nicht eine unglaubliche Verschwendung, meinen verblichenen Körper mitsamt seiner zum Todeszeitpunkt noch funktionstüchtigen Innereien in eine kalte Grube zu senken, während mit meiner Leber, meinen Nieren, meiner Bauchspeicheldrüse vielleicht das Leben von anderen Menschen gerettet oder wieder lebenswert gemacht werden kann, wenn ich selbst das schon nicht mehr reißen konnte?
Wovor habe ich denn Angst? Vielleicht davor, dass mir König Pluto an den Toren des Hades oder wo auch immer den Zutritt verwehrt, weil ich mich zweitverwerten ließ? Wohl kaum. Dass sich die Organmafia angesichts neuen Frischfleischnachschubs an der Krankenhauspforte grinsend die Hände reibt? Auch eher unwahrscheinlich. Hier in Deutschland ist sogar das Eigentumsrecht an einem, auf ein Privatgrundstück gelegten Hundehaufen geregelt. Da werden die ja wohl bitteschön auf mich und mein zu transplantierendes Gekröse aufpassen können.
Sind wir doch ehrlich: Die einzigen, die von meinem verwesenden Körper plus Eingeweide in feuchter Erde profitieren, sind Würmer und Maden. Und denen gönne ich meine Filetstücke ja nun auf den Tod garantiert nicht.

Vor mir liegt das kleine Kärtchen, das ich jetzt ausfüllen werde.

Ich will nicht behaupten, dass es mir egal ist, ob ich mich doch erst 2037 oder schon in einem Jahr verabschiede. Aber vielleicht kann ich, wenn es denn schon unbedingt sein muss, damit jemandem helfen, der immer auch irgendjemandes geliebtes Kind, Mann, Bruder, Mutter oder Schwester ist. Vielleicht sitze ich dann auf einer Wolke und gucke zu, während ich mir die Nägel feile, an einer Bloody Mary nippe und Mother’s Finest höre, vielleicht habe ich dann auch was Besseres zu tun. Aber eines ist fast todsicher: My heart will go on!

Ausfüllen, hopphopp!
moggadodde

Feiern. Aber richtig!

Dass die prekäre Pubertätsphase des kleinen Hank allmählich an Fahrt aufzunehmen beginnt, erwähnte ich ja kürzlich bereits. Während ich bei Dixie, als sie in seinem Alter war, bereits an den segensreichen, allumfassend glücklich machenden Versprechungen der Mutterschaft zweifelte und in besonders brenzligen Zeiten eine klitzekleine Winzigkeit weit wünschte, ich hätte mir statt des mamslichen Samens einen Hund oder ein anderes Hobby eingefangen, herrschte in den hiesigen Hallen zuletzt verdächtige Ruhe.

Meine Vorstellungsspannbreite bei Dixie reichte weit damals, beschränkte sich aber meist auf die Angst vor Übergriffen aller Art, k.o.-Tropfen im Drink und Amouren, die erst 9 Monate später ihr wahres Ausmaß zeitigen.
Bei Hank liegt die Sache anders. Zwar beginnt das Interesse am anderen Geschlecht auch hier langsam zu knospen, ist aber noch weit von der Offensivität entfernt, mit der Dixie damals bereits operierte. Bei ihm ist ein anderes Thema prominent, vor dem ich mich nicht weniger fürchte.

Als ich gestern Dixie und Hank in seinem Zimmer in trauter Unterhaltung überraschte, war mir klar, dass etwas besprochen wurde, das nicht für mütterliche Ohren bestimmt war: Üblicherweise keifen sie nämlich überwiegend und meist geht es dabei um das Eigentumsrecht an Handyladekabeln oder Haarsprays. Pädagogisch ungeschult aber mit Menschenverstand gesegnet, zog ich mich zurück, wusste aber instinktiv, worum es ging.
Einige Minuten später baten sie mich dazu und ließen die Katze aus dem Sack: Hank sei ja am Samstag auf die Geburtstagsparty eines dann 15jährigen eingeladen und jeder brächte was mit. In Ermangelung ausreichenden Alters habe er nun die große Schwester um Ankauf einiger Flaschen V+Energy-Plörre Biermischgetränke gebeten und beide wollten wissen, was ich davon hielte.
Natürlich hielt ich nichts davon. Zwar überragt mich mein Sohn bereits um Haupteslänge und auch seine Körperbehaarung übertrifft die meine. Trotzdem ist er nun leider im März erst 14 geworden und somit noch weit jenseits des Alters, in dem ein Jugendlicher Bier und Biermischgetränke zu konsumieren hat. Soweit das Gesetz.

Dass ich es mir überlegen wollte, sagte ich gestern und eröffnete ihm heute, dass ich gerne Cola und die klebrige Gummibärenbrause aus Österreich besorgen würde, aber nichts was auch nur in irgendeiner Weise mit Alkohol zu tun hätte.
Das Lamento war groß, denn es ist sicher der Unvollkommenheit jugendlichen Hörvermögens geschuldet, dass sie ein „Ich denk drüber nach“ automatisch als „Ja, klar!“ interpretieren. Die Eltern des Gastgebers hätten auch einen Sixpack besorgt, warf er ein und ich erwiderte, dass dann ja die Spritversorgung gesichert sei, das aber nicht in meiner Verantwortung läge. Wenn nämlich ein Haufen angeschickerter Halbwüchsiger beim Durchs-Dorf-Wanken erwischt würde, wäre ich bei der Frage, wer denn das Zeug besorgt hätte, außen vor. Ich erklärte ihm, dass ich es ihm hoch anrechne, dass er überhaupt mit mir sprach, dass er aber nicht abstreiten könne, bereits hinsichtlich Art und Länge des Computerkonsums z.B. eine gewisse Narrenfreiheit zu genießen. Das Thema „Alkohol“ allerdings sähe ich ein bisschen komplizierter, aber es hätte wenig Sinn, mit ihm jetzt darüber zu diskutieren. Und einen Präzedenzfall schaffen wollte ich auch nicht. Würde ich es ihm jetzt durchgehen lassen, käme er bei den nächsten, sich zahlreich bietenden Gelegenheiten und würde sich darauf berufen, dass ich es ja bereits einmal durchgehen ließ.
Natürlich war er sauer, aber als ich dann mit einer Tasche voller Grillwürste, „richtigem“ Cola (nicht das zuckerreduzierte oder gar Zero-Zeug), Chips und Flügelbrause anrückte, war es für ihn auch in Ordnung und er zog mit dem Rucksack Richtung Party.

Der MamS ist mit solchen Konflikten eigentlich immer recht schnell fertig. Die Sache mit dem üblichen, resoluten „Kannst du dir aber mal ganz fix abschminken!“ abzutun, ist aber meiner Meinung nach in diesem Fall ziemlich kurzsichtig. Damit erreiche ich zwar, dass sofort grimmige Ruhe im Diskutierkarton herrscht, risikiere aber, dass er bei der nächsten Party nicht erst noch fragt, sondern sich gleich woanders versorgt. Und meine große Befürchtung bei solch restriktivem Umgang reicht noch viel weiter: Halte ich ihn völlig von jeglicher Art von Alkohol fern, holt er spätestens an seinem 16. Geburtstag alles nach. Dann erhält er Bier nämlich völlig legal und die Chance, die Jahre vermeintlichen Darbens aber mal so richtig nachzuholen und ich die Gelegenheit, ihn an jedem Wochenende sternhagelvoll vor der Kloschüssel zu finden. Das will ich jedenfalls vermeiden, sondern ihn einen verantwortungsvollen Umgang damit lehren. Deshalb habe ich nichts dagegen, wenn er bei besonderen (!) Gelegenheiten in unserem (!) Beisein einmal ein Radler (für die preußischen Leser: Bier mit Zitronenlimonade) trinkt oder bei einem Grillfest einen Schluck aus unserem Bierkrug nimmt. Er muss verstehen lernen, dass Alkohol nicht dazu dient, cool, in, hip oder gut gelaunt zu sein, sondern dass er ein Rauschmittel darstellt, das nicht zu unterschätzen ist.

Das wird alles nicht einfach, fürchte ich. Die Problemstellung ist nun zwar eine gänzlich andere, als damals, vor Jahren, als ich beinahe an Dixie verzweifelte. Aber auch das werden wir hinkriegen, irgendwie.

Einen klaren Abend wünscht
moggadodde