Der geneigte Leser hegte den Verdacht bereits länger: Auch dieses Blog liegt, wie so viele andere, in den letzten Zuckungen, mühsam am Leben gehalten von halbherzigen Defibrillatorstößen in Form zwar engagierter, semisachkundiger sowie ernst gemeinter, aber nicht massentauglicher Basketballpostings, die Agonie des sterbenden Blogs stören einzig haufenweise Potenz- und Falschpassspammer, die die Leserschaft dank eines tüchtigen Filters allerdings nicht zu Gesicht bekommt.
Die Frequenz lahmt wie ein angeschossener Klepper, die Kreativität sprüht wie ein nasser, tschechischer Chinaböller, die Schreiblust bräuchte einen Güterzug voller blauer Erektionshilfen, um wieder nur halbwegs leidenschaftlich zu lodern. Facebook, Twitter, DMs, Mentions, immer schnellere und unfassbarere Nachrichten sowie das liederliche Leben an sich fordern ihren Tribut. Aber es gab auch bessere Zeiten, Zeiten, die ich schon fast vergessen hatte, bis mich die beste, einzigartigste, liebenswerteste, brillanteste Soschl Midia und Web 2.0-Bande des Universums und darüber hinaus, der Würzburger Blogger- und Twitterstammtisch, mit einer spektakulären Geburtstagsüberraschung sprachlos machte.
Ich ahnte wohl irgendwelche ominösen Vorgänge, gehört doch eine funktionierende Antenne für Heimlichkeiten aller Art zur mentalen Grundausstattung jeder guten Mutter. Umso verwunderlicher, dass alle an der wochenlang geplanten Aktion beteiligten Schatzmenschen so dicht hielten, denn bekanntlich sind Twitterer und Blogger neben den Herren Gottschalk, Lanz und Kerner die größten Plaudertaschen des Planeten.
Noch bevor ich in unserem angestammtischten Hauptquartier, dem Gehrings in der Neubaustraße, den ersten Cuba Libre ordern konnte, gingen die Anwesenden in die Geschenkeoffensive: Nach einer ergreifenden Ansprache der beiden Rädelsführer, König Ralf und Herrn Hazamel, von der vor lauter Aufregung kein Krümelchen in meinen alten Hirnwindungen hängen blieb (ich bin aber sicher, dass sie ergreifend war), begann die Zeremonie. Die Luft kribbelte vor Aufregung, ich sah allen ihre Freude an, dass sie jetzt endlich mit der Sprache herausrücken durften.
Es gab Kaffee. Nicht irgendeine dahergepinkelte Zirbelkatzenplörre, sondern pures, braunes Gold vom Blue Mountain aus Jamaica, der verlockend aus der Packung duftet und nur beim örtlichen Premiumröster erhältlich ist. Es war klar, dass dieses Geschenk mir gefallen würde. So wie man mit Speck Mäuse fängt, kriegt man mich mit Kaffee. Da bin ich schon einfach gestrickt.
Etwas kribbelig ging’s weiter. Ich hoffe, ich habe meine Stammtischbrüder- und -schwestern nicht durch den Anblick meiner im Sommer oft entblößten Laufwerkzeuge auf die Idee für das zweite Geschenk gebracht; wenn doch, dann entschuldige ich mich aufrichtig dafür. Mir einen Pediküre-Gutschein zu schenken, könnte aus diesem Grunde als nicht ganz uneigennützig angesehen werden. Wer aber weiß, dass ich einen Horror davor habe leichtes Unbehagen verspüre, wenn mir andere Menschen an die Füße gehen, von einem Pathologen nach meinem Ableben vielleicht abgesehen, ahnt, dass ich eine Menge Mut für diesen Besuch werde aufbringen müssen. Eventuell gibt’s ja Piccolöchen zum Lockerwerden. Wäre nämlich schon schade, wenn ich die Fußpflegefachfrau aus einem Reflex heraus mit einem Tritt gegen das Kinn k.o. kicken würde.
Mit dem nun auf den Tisch kommenden Autorenvertrag konnte ich gar nichts anfangen. Sicher guckte ich reichlich dämlich aus der Wäsche. Dann hievte jemand einen großen Karton hervor und holte viele Bücher heraus, auf denen vorne mein fast richtiger Name stand und innen ein großer Teil dessen, was ich in den letzten 6 Jahren an oft verschwurbelten, oft emotionalen, oft aufgeregten und nur selten erfundenen Geschichten via Blog und Twitter ins Internetz schickte. Diese irren, wahnsinnigen, wunderbaren Märchenmenschen haben in einer Gemeinschaftsarbeit mit geheimen Redaktionssitzungen, straff organisierten Arbeitsgruppen und sicher aufreibenden Diskussionen wegen Gestaltung, Schriftart, Layout und Lektorat die ihrer Meinung nach gelungensten meiner Ergüsse zwischen zwei Buchdeckel pressen lassen! Ein Buch! Mein Buch!
Was in einer alkoholvernebelten Nacht in einem Aushilfsstammtischkellerlokal von zwei verrückten Köpfen ersonnen wurde, fand gestern den Höhepunkt. Es ist einfach perfekt und wunderschön. Ich kann nicht sagen, wie gerührt ich bin und wie stolz, dass diese durchwegs aner- und bekannten Blogger und Twitterer diese meine gesammelten Banalitäten für druckens-, geschweige denn lesenswert halten!
Ich versuche, dieses Geschenk der Geschenke zum Anlass zu nehmen, wieder in die früher gewohnte Blogfrequenz zu finden, an die alte Form anzuknüpfen. Auch wenn Dixie jetzt aus dem Gröbsten raus und somit als anekdotentechnischer Ausfall zu bezeichnen ist, schöpfe ich Hoffnung: Der kleine Hank kommt allmählich ins prekäre Alter und zeigt gute Ansätze, künftiger Geschichtenlieferant zu werden, auch wenn die Fußstapfen seiner Schwester zu groß sein dürften. Der MamS hat beim ersten Anlesen festgestellt, dass er meistens ganz gut weggekommen ist. Dass das eine Steilvorlage für mich ist, ihn künftig ein wenig härter anzupacken, versteht sich von selbst. Auch hier bin ich zuversichtlich.
Rasend schnell wurde bereits auch die Fachwelt aufmerksam: Das Papiergeflüster hat bereits (noch) völlig ohne Bestechung meinerseits eine entzückende Rezension verfasst! Vielen Dank!
Meine Lieben @PraetorCreech, @EmilyReapy, @herr_woe, @tschuulie, @ralfthees, @hazamel, @tandzi, @sa_pe, lieber @der_roe, @MatzeLoCal, @kahta, @terebinthe, @der_icey, liebe @kleinlain, @davidwebb18, @e_NJ_ay, @Onkel_Heiko, @whitewolion, @frau_suess, @radulfrumpel, @huldine, @supernovita83, Ivonne, Katja, Petra und Robert: Liebe Stammtischbrüder und -schwestern, hoffentlich vergaß ich niemanden, für alle gilt: Es ist einer der größtmöglichen Glücksfälle, Euch zu meinen Freunden zu zählen. Ich würde Euch gern heiraten. Und ich hätte das Buch sogar in ComicSans total dufte gefunden. Ehrlich.
Herzlichen Dank
moggadodde
P.S. Tanja, du bist engagiert. Über die Prozente müssen wir aber nochmal reden.
P.P.S. Der Stammtisch-Verlag. Nur echt mit dem Cuba-Glas. Yeah. Many blogs at Gehrings. Many books to go!