Am Wochenende stand wieder Arbeit auf dem Programm. Hanks Deckenmalereien und blutige Rückstände erlegter Stechtiere waren dank Teleskopstiel und des Mannes Muskelkraft schnell durch reines Weiß getilgt. Die vor Jahren verwendeten Vliestapeten ließen sich in ganzen Bahnen komplett von der Wand ziehen. Wer hat noch nicht mit einem Spachtel in stundenlanger Kleinarbeit hauchdünne, vom Einweichen nasse und klebrige Papierfetzchen von Wänden gefrickelt? Mit Vliestapeten passiert so etwas nicht. Nackt waren die Wände also schnell.
Weniger schnell ging das Wiederankleiden. Üblicherweise verstehen der MamS und ich uns ja gar nicht so schlecht. Aber beim Tapezieren prallen unsere gegensätzlichen Arbeitsauffassungen stets ungebremst aufeinander und sorgen für dicke Luft leichte Irritationen.
Man sollte wissen, dass ich handwerklich eher nach meinem Vater komme. Solange es nicht vollkommen grässlich ist, können wir in unserer Familie auch mal vier ungerade sein lassen und sind trotzdem zufrieden damit getreu dem urfränkischen Motto: „Passt, wackelt und hat Luft“.
Der MamS ist bei derlei Tätigkeiten hingegen eher der Perfektionist. Er doktert an jeder einzelnen Tapetenbahn auch mal eine Viertelstunde herum, leimt hier nochmal, schiebt dort noch einen Mikrometer, nur um dann noch ein drittes mal zu zu kontrollieren. Das Ergebnis sieht am Ende aus wie vom Meister höchstpersönlich stammend. Aber sowas dauert eben.
Ich hingegen bin eher von der schnellen Truppe. Nicht, dass sich mein Endprodukt soooo großartig von seinem unterscheiden würde, gut, einen Hauch weniger perfekt vielleicht, aber während er noch imaginäre Bläschen aus der ersten Bahn rollt, schneide ich schon die Stücke fürs Fenster fünf Meter weiter zu. Erschwerend hinzu kam der kleine Hank, der natürlich auch mitmischen wollte. Drei sture und besserwisserische Tapezierkünstler (ja, ich zähle mich da durchaus dazu, soviel Ehrlichkeit muss sein) in einem einzigen Raum sind allerdings mindestens einer zuviel. So beschränkte sich der MamS dann darauf, als Joker für die seiner besonderen Perfektion bedürfenden Arbeiten wie Ausschneiden von Steckdosen und Lichtschaltern zu fungieren, während Hank und ich wie aus einem Guss aufs Tempo drückten und nach ungefähr 6 Stunden alle Wände wieder beklebt waren.
Das Grau ist sehr elegant und das Grün zu wenig kräftig, finde ich, aber dem kleinen Hank gefällt’s. Natürlich fand der MamS beim Stubendurchgang bei Inspektion unseres Werkes mit seinem unbestechlichen Röntgenblick aber dann doch noch ein Haar in der Suppe. Ja, zugegeben, in einer Ecke habe ich vielleicht eine klitzekleine Kleinigkeit geschludert, da gebe ich ihm sogar recht. Aber wenn man da nochmal mit dem Cuttermesser rangeht, sind die betreffenden Bahnen auch wasserwaagentechnisch auf einer Höhe. Das wird noch und sollte es nicht wahrlich triftigerer Gründe bedürfen, um einen Haussegen in Schieflage zu bringen?
Ãœberhaupt sollten Paare, die einen gemeinsamen Hausstand ins Auge fassen, 5 bis 7 verpflichtende Ãœbungstapezierstunden in einer Heimwerkermarkt-Filiale absolvieren müssen. Nicht beim gemeinsamen Amaretto-Eisbecher beim Italiener um die Ecke, sondern erst unter dieser knallharten real-life Arbeitssituation zeigt sich nämlich, ob auch gegensätzliche Standpunkte zwischen „Also, mir taugt das so“ und „Nee, das muss nochmal runter“ ohne zu viel enervierende Diskussion auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können. Dann wüsste man nämlich gleich, ob man sich solchen, immer wiederkehrenden Pärchenprüfungen stellen kann oder sich zukünftig nicht besser gleich einen Profi ins Haus holt.
Einen versöhnlichen Tag wünscht
moggadodde