„Werde eins mit Deinem Projekt“. So oder ähnlich lautet der Slogan der Baumarktkette mit den witzigen Werbespots, in denen verschwitzte und immer sehr entschlossen scheinende Männer in Muscleshirts wissen wo a.) der Hammer hängt und b.) denselben auch noch benutzen können. Ãœber diese Spots muss ich mich immer sehr amüsieren.
Wir hier versuchen nämlich auch schon seit längerem, eins mit unserem Projekt zu werden. Unser Projekt scheint auf den ersten Blick nicht so anspruchsvoll zu sein wie das des Mannes, der mit dem Vorschlaghammer auf unschuldige Wände eindrischt oder sich farbbesudelt an nackten Wänden wälzt. Wir möchten „einfach nur“ neue Tapeten, einen neuen Deckenanstrich, neue Vorhänge und eine neue Einrichtung für den kleinen Hank, der das Schicksal vieler Zweitgeborener teilt und mit dem ausrangierten Mobiliar des größeren Geschwisters vorlieb nehmen muss. Die Wände, mit Hunderten, in die Tapete eingearbeiteten, phosphoreszierenden Sternen versehen, beglückten den Vierjährigen aufs Höchste und strahlen auch für den mittlerweile 13jährigen zwar immer noch tadellos, werden aber mittlerweile zu Recht als megapeinlich und derbst uncool kritisiert.
Nach einer etwa zweijährigen „Wir müssen was machen“-Phase, in der spontane aber erfolglose „Hopp, wir schauen mal nach Möbeln“-Attacken die Regel waren, wurden nun endlich Tapeten ausgesucht und Möbel gekauft. Es war nicht so einfach, das von Hank gewünschte „X-Box-Grün“ zu finden, gelang aber schließlich. Bett, Schrank, Schreibtisch, Nachtkasterl und Regale sind bestellt, wir sind also unter endlich unter Druck.
Sicher heißt es „Mitnahmemarkt“, weil die Kunden nach Aufbau der Ware mitgenommen aussehen. Jedenfalls wäre das bei uns so. Der MamS und ich haben zwar nicht jeder zwei linke Hände aber jeder eine und mit zwei rechten Händen allein kriegste nunmal keinen Schrank aufgebaut. Trotzdem antwortete der MamS dem Verkäufer auf die Frage, ob ein Aufbau gewünscht würde, mit einem mutigen „Nööö, das machen wir selber, gell?“ und schaute mich dabei zuversichtlich an.
Ich sah den Optimismus in seinen Augen und mir sank der Mut.
Natürlich kostet ein Aufbau extra, aber wenn sich jemand damit auskennt, steht der Krempel in maximal zwei Stunden da, wo er stehen soll. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich in bereits tiefdunkler Nacht mit rauchendem Kopf über kryptischen Plänen knien, während mir Hank naseweise aber unbrauchbare Tipps gibt und der MamS schmollend im Wohnzimmer sitzt, wohin ich ihn verbannte, nachdem er in einem Wutanfall, etwa wegen eines ungebohrten Lochs oder einer verschwundenen Beilagscheibe irgendeinen Brocken an die neue Wand pfefferte. Nach jahrzehntelangen und oftmals leidvollen Tapezier- und Möbelaufbauerfahrungen weiß ich, dass so etwas durchaus vorkommen kann.
Nun konnte ich ihm ja aber nicht so ins Gesicht sagen, dass ich das Meiste an ihm sehr schätze, seine handwerklichen Fähigkeiten in puncto Möbelaufbau auf einer Skala von 1 bis 5 aber trotzdem bei etwa Minus 2 ansiedeln und liebend gerne den Verkäufer um zwei tüchtige Aufbauhelfer bitten würde. Einige Männer gelten, was Kritik an ihren Fähigkeiten angeht, ja manchmal als etwas pergamenthäutig.
Nach der letzten Aktion mit Dixies 140er Bett, das ich vor zwei Jahren allein nur mit einem rachitischen Schraubendreher bewaffnet mehr klapprig als recht zusammenbaute, war mir klar, dass wir um die Anschaffung eines Akkuschraubendrehers diesmal nicht herumkommen würden. Sollte er auch nur halbwegs etwas taugen, müssten wir an die 80 Euro berappen und das wäre immerhin schon das Geld für einen Aufbauhelfer! Aber ich war still und erwog, rein prophylaktisch schon mal einmal einen Termin bei der Pärchenberatung zu vereinbaren. Ganz sicher hinge unser Ehehimmel nach dieser Aktion voller aggressiver Kettensägen, wo sonst schon mal ein paar verträumte Geigen zu hören waren und kluge Frau baut schließlich vor.
Vor ein paar Tagen schließlich meinte der MamS, er hätte sich das überlegt. Ehe wir ein Transportauto bezahlen, unsere Bandscheiben schrotten, einen Akkuschrauber kaufen und einen ganzen Tag schuften, sollten wir die Möbel doch lieber aufbauen lassen und was ich denn davon hielte. Ein Erdrutsch der Erleichterung ergoss von meinem Herzen und ich gestand, dass ich nur nicht als Verschwenderin unserer hart verdienten Kohle dastehen wollte, die dem Mann mal wieder nichts zutraut aber ja, ja, JA ICH WILL!
Nun ist also wenigstens dieser Punkt geklärt. Konfliktpotenzial gibt es angesichts der anderen, anstehenden Arbeiten zwar noch genug (Wohin mit dem praktischen, aber zu großen und verblichenen Lyksele-Bettsessel? Wohin mit dem eigentlich noch annehmbaren Gulliver-Hochbett? Nein Hank, du brauchst keine Bar in deinem Zimmer! Und wo ist schon wieder der verdammte Kleisterpinsel?) Aber diese wööönzigen Kleinigkeiten werden wir hinkriegen, jetzt, da es nicht mehr ganz allein unser Projekt ist!
Dabbadajajippiejippieyeah!
moggadodde