Bonnbon

Das Brüderchen brachte es auf den Punkt: „Dahemm sterbbe die Leud“, sagte er am Mittwoch und überredete mich beim letzten Bloggerstammtisch, ihn am Wochenende nach Bonn zu begleiten, wo die s.Oliver-Baskets das letzte Auswärtsspiel gegen die Dragons Rhöndorf bestritten. Er selbst würde bei Freunden in Bonn übernachten, ich sollte in einem flugs ins Blaue gebuchten Fremdenzimmer im nahen Königswinter schlafen, zusammen würden wir das Spiel in Bad Honnef sehen und am Sonntagnachmittag wieder in die Heimat fahren. Logisch. Da musste ich mit.

Vor dem Spiel besuchten wir zunächst den riesigen Flohmarkt in den Bonner Rheinauen, Bude an Stand an Zelt an Decke reihte sich auf mehreren Ebenen dicht aneinander. Skurrile Stücke gab es zuhauf. Gorbatschow, früher beliebter Staatsgast, fand sich nunmehr auf Matroschkas wieder, direkt neben Made in China-Pelzmützen, Flachmännern mit Hammer und Sichel-Emblem und anderem Sowjet-Tand. So hat sich Gorbi seinen Ruhestand sicher auch nicht vorgestellt.

Stundenlang schlenderten wir über das Gelände und ich blieb standhaft und kaufte nichts, obwohl mich ein lindgrüner Kristallaschenbecher von der Größe einer in einen Handschuh gepackten Klitschkofaust schon sehr verführte. 45 € wollte der Händler und behauptete, das Teil sei aus Muranoglas gefertigt. Klar. Murano. Und ich bin übrigens eine Gondoliere!

Dann brachte mich Brüderchen zu meinem Zimmer in Königswinter, das nicht, wie erwartet, im Tal lag. Etwas hatte er bei der hastigen Buchung mit cubalibregeschwängertem Kopf nämlich nicht bedacht: Königswinter hat satte 79 Ortsteile und nur einige davon liegen im Tal. „Mein“ Königswinter versteckte sich hoch im Siebengebirge und war erst nach 20minütiger Fahrt über steile Bergstraßen zu erreichen, wo sich Hase und Wurzelsepp unter knorrigen Bäumen ein Stelldichein geben. Dafür erschien die siebengebirgsche Zimmerwirtin mit rheinischem Stakkatomundwerk trotz ihrer Ed-Hardy-Verkleidung recht nett. Flugs den Koffer ins Zimmer, Schlüssel geschnappt, bezahlt und ab zurück ins Tal, wo wir nach einer recht unterkühlten Ofenkartoffel mit der Fähre ans andere Rheinufer übersetzten, um auch pünktlich beim Spiel zu sein.

Und das verlief spektakulär. Nach zwei Verlängerungen in der etwas unbescheiden „Dragon Dome“ getauften Turnhalle feierten wir dann doch noch den knappen und umso mehr umjubelten Sieg:

Brüderchen und ich waren am Ende unserer Kräfte. Die Stimmen rauh, die Hände rot, die dort gern schwächelnden s.Oliver-Baskets zu Auswärtsspielen zu begleiten ist eine anstrengende Angelegenheit! Ganz geplättet lieferte ich das noch immer weggetretene Brüderchen bei den Freunden ab, er tippte schnell noch die Adresse ins Navi und ich begab mich auf meinen Weg in die sieben Berge.
Der Weg kam mir lang vor. Länger als am Nachmittag. Aber es war dunkel und ich war müde, ich konnte mich ja täuschen. Als mich die Navi-Uschi in den Wiesenweg geleitet hatte, war das nicht der Wiesenweg, den ich kannte. Reihenhäuser an einer Lehmstraße. Hier war ich jedenfalls falsch. Ich kreiste ein wenig und fand eine noch offene Kneipe und erkundigte mich, wo zur Hölle ich hier denn eigentlich sei. Die angeschickerte Wirtin grinste und teilte mir mit, dass ich mich in Berghausen befände. Leider hatte ich aber auch keine Ahnung, wohin exakt ich eigentlich musste: Irgendwas mit Wiese und irgendwas mit Berg. Mehr hatte ich mir aus Brüderchens Erzählungen nicht gemerkt. Schließlich war er ja vorher gefahren.

Ich klingelte also bei ihm durch, mittlerweile war es Mitternacht, und bat um genaue Ansage. Aha. Berghausen ist falsch. Ah ja. Thomasberg. Wiesenstraße. Das sei richtig. Nö, sagte die Wirtin, ziemliches Stück weg, also fütterte ich Uschi mit den Neuigkeiten und fuhr weiter durch die Nacht. Irgendwann kam mir die Gegend bekannter vor. Da! Das Nagelstudio! Hier der Installateur! Tatsächlich: Die Wiesenstraße! Dummerweise sehen nicht nur Katzen sondern auch viele Häuser in der Nacht gleich aus. Ich suchte noch ein Weilchen nach dem Haus, das ich in aller Hektik am Nachmittag zwei Minuten von außen gesehen und von dem ich mir auch keine Hausnummer gemerkt hatte. Jetzt, da ich das schreibe, fällt mir erst auf, dass ich mich schon ein wenig saudumm ahnungslos unbedarft auf diese nächtliche Irrfahrt begeben hatte. Wenn mich der MamS begleitet hätte, er wäre ausgeflippt und mit wahnsinnigem Gekreische nackend durch die Wälder gehüpft. Aber ich war allein, konnte amüsiert in mich hineinschmunzeln und fand das alles ziemlich aufregend. Es war eine relativ warme und trockene Nacht und es gibt wahrlich unbequemere Gefährte als Brüderchens Golf, mit denen es sich durchs Siebengebirge rollen ließe!

Die Ed-Hardy-Zimmerwirtin scheint satte Farben auch innerhalb des Hauses zu mögen. Meine Unterkunft jedenfalls imponierte durch ihre blutrote Wandfarbe, aber ich war zu müde, um mich davon noch anregen zu lassen. Ich schlief wie ein Fels in dem wunderbar bequemen Bett und das war auch dringend nötig denn ich wusste, Brüderchens wandererprobte Freunde, die als Bonn-Fremdenführer fungierten, würden mich morgen auf den Petersberg jagen.

Man muss wissen, dass meine Laufbegeisterung mit der eines Einfamilienhauses vergleichbar ist. Gelegentliche Spaziergänge und die Arbeit in den Katakomben übererfüllen meinen Bewegungbedarf, wie ich finde. Mir und meiner Krückenkondition zuliebe wählten unsere Guides den kürzeren Weg auf den Berg. Trotzdem kroch ich, verhalten keuchend über für meine Verhältnisse zugspitzig ansteigende Waldwege. Immer wieder schützte ich Interesse über am Wegrand fleuchendes Grün vor („Schau mal, ist das Waldmeister?“), um eine Pause herauszuschlagen und ziemlich am Ende meiner Kräfte erreichten wir endlich den Gipfel des Petersberges. Wo früher das Bundesgästehaus prominenten Staatsbesuch beherbergte, bietet nun ein schickes Grandhotel vornehmer Kundschaft ein komfortables Quartier. Der Aufstieg hatte sich gelohnt. Die Aussicht in das Rheintal und den benachbarten Drachenfels ist grandios.

Die im dortigen Biergarten georderte Apfelsaftschorle verdampfte quasi bereits bei Kontakt mit meinen Mundschleimhäuten. Was bin ich nur für eine Memme! Aber immerhin, ich hatte es geschafft, ohne dass die uns begleitende Führerin, ausgebildete Krankenschwester zum Glück, ihre Wiederbelebungskenntnisse einsetzen musste.
Der Abstieg ging deutlich schneller. Im Tal noch ein wenig ins Grün geblickt und dann die Heimfahrt angetreten, die ich teilweise schlafend verbrachte. Und heute, da ich dies schreibe, habe ich nicht einmal Muskelkater. Jetzt rede ich mir ein, dass ich offenbar doch fitter bin, als ich dachte.

Das war ein großartiges Wochenende in Bonn, Bad Honnef und Königswinter. Die Aufstiegsfeier mit den s. Oliver-Baskets konnte zwar wegen für uns ungünstigen Ergebnisses des schärfsten Konkurrenten noch nicht passieren. Aber das könnten wir am kommenden Samstag beim letzten Saisonspiel in der Würzburger Arena nachholen. Ich freu mich drauf!

Einen bonbonösen Tag wünscht
moggadodde

Lovehicle

Erwartungsgemäß glänzte die Presse durch Abwesenheit, als wir am Freitag das neue, innovative Moggamobil vom Händler holten.

Gut, streng genommen ist es leider das MamSMobil und ja, eigentlich müssen Autos nur fahren und nicht allzu gammelig daherkommen.
Es könnte daran liegen, dass im Reich der aufgehenden Sonne der Tag eher anfängt und man deshalb ausgeschlafener ist, was technische Neuerungen betrifft. Jedenfalls sind die Japaner die Pioniere in der Hybridtechnologie. Und während wir Langnasen noch bräsig an Konzeptstudien und Prototypen schrauben, bringen die Nipponesen schon zur Perfektion gebrachte Hybridfahrzeuge in Serie auf die Straße und zeigen den heimischen Autoherstellern, dass nichts unmöglich ist wo der Koi die Flossen hat.

An das beim Hybrid zwingende Automatikgetriebe hat man sich schnell gewöhnt. Die anfänglichen Krämpfe in Kuppelfuß und Schaltarm legten sich schnell und ich genoss das stufenfreie Dahincruisen. Allerlei Schnickschnack wie Rückfahrkamera, Berganfahrhilfe oder Abstandswarner sind angenehm aber für mich nicht zwingend notwendig; üblicherweise parke ich alles, was vier Räder hat, nämlich sogar auf einem Bierdeckel ein.
Richtig geil (und wer mich kennt, weiß, dass ich dieses Wort nur in Zuständen höchster Verzückung verwende) ist aber das perfekte Zusammenspiel zwischen Spritschluckmotor und Elektroantrieb. Das zu erläutern führte hier zu weit, wer sich informieren möchte, möge das z.B. hier tun. Die bei unserer ersten Ausfahrt bei beileibe nicht defensiver Fahrweise erreichten 5,2 l/100 km sind jedenfalls ein Grund, bereits jetzt wenigstens ein bisschen entspannter an den nächsten Tankstopp zu denken.
Inzwischen ist schon ein Wettbewerb zwischen mir und dem MamS entstanden, wer weniger Benzin verbraucht und die bisherige Minusrekordbestmarke von 5,2 l wurde tatsächlich von mir gesetzt. Eat this, MamS!
Für Erheiterung sorgt mitunter auch der Betrieb im reinen Elektromodus. Beinahe lautlos eine Gruppe ausgelassener Radler zu überholen, erfordert Konzentration und Umsicht, wenn diese nicht vor Schreck vom Fahrrad fallen soll.

Händeringend suche ich bereits jetzt nach einem Grund, dem MamS den Auris zum täglichen Gebrauch abzujagen. Aber ich fürchte, er wird dieses Goldstück an Auto nicht hergeben wollen. Verdenken kann ich es ihm nicht: Ich würde das ja auch nicht tun.

Euch einen mobilen Abend wünscht
moggadodde

Ein Wort, ein Frater!

Kaum angekündigt lag sie auch schon im Kasten: Die selbstgestaltete Tschakka-Karte vom herzallerliebsten und künstlerisch unglaublich talentierten Frater Aloisius!

Aber, Loisl, jetzt mal unter uns Betschwestern: Deine Handschrift ist nicht so schlimm, wie Du meintest. Nur eher so halbschlimm. Eine Männerhandschrift halt! Ich hatte in juvenilen Jahren tatsächlich mal einen Verehrer aus Wiesbaden, der schrieb ganz ähnlich. Seine Briefe habe ich noch im Giftkarton im Keller, da müsste ich mal vergleichen!
Allerdings ist das ja auch gar nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass Du überhaupt schriebst. Und das, lieber Frater, hat mich teuflisch gefreut!

Hornidable Grüße aus Franken
moggadodde

Schreib‘ dich nicht ab! Schreib!

Titten auf den Tisch Hand aufs Herz: Wann habt Ihr zuletzt eine Ansichtskarte geschrieben? Für die jüngeren Semester unter Euch sei kurz erklärt, dass Ansichtskarten jene bunten Hochglanzsendungen aus Brasilien oder Bibione, China oder Castrop-Rauxel sind, die nur noch äußerst selten in Briefkästen landen, den Empfänger aber ungleich mehr erfreuen als die üblichen Rechnungen und Aus Einwurfsendungen von Blödmärkten oder Billigdiscountern.
Die Ansichtskarte sagt: „Schau, da bin ich gerade. Ich habe mir Zeit genommen, um eine Karte und Briefmarken zu kaufen. Jetzt sitze ich hier bei einem weißen Martini, in dem eine putzige Olive schwimmt (bzw. Glühwein, wenn es sich um eine Karte aus dem Skiurlaub handelt), beobachte den malerischen Sonnenuntergang über dem pittoresken Hafen (resp. den schneebedeckten, majestätischen Bergen), habe endlich alle Zeit der Welt und denke an dich. Sei herzlich gegrüßt!“

Die immer mehr um sich greifenden Unsitte, ein paar hastig hingehackte Floskeln mit elektronischer Post zu verschicken hingegen sagt mir: „Oh Scheiße. Eigentlich habe ich gar keine Lust, diese Grüße abzusetzen. Du bist nämlich erst die Fünfte auf der Liste und wegen der Internetgebühren werde ich mir heute Abend nur drei statt fünf Daiquiris hinter die Binde kippen können. Aber ich will mir nix nachsagen lassen und schicke dir zwischen Aquagymnastik und Folkloreabend schnell mal zwei hingerotzte Sätze. Essen und Wetter gut, HDL.“
Der Unterschied liegt auf der Hand, im wahrsten Sinn des Wortes.

Ansichtskarten und Briefe sind nur ein Beispiel: Die Handschrift stirbt aus. Außer für eilige Notizen, Einkaufszettel oder die Kreuzchen auf dem Lottoschein nehme auch ich, zugegeben, kaum noch einen Kuli in die Hand. Von Füllern ganz zu schweigen, obwohl ich selbst im Besitz eines echten Meisterstücks bin, das aber meist tieftraurig in der Vitrine auf seinen nächsten Gebrauch wartet.

Meine Internetentdeckung, die liebe Frau @meterhochzwei, hat sich hier ein formidables Projekt ausgedacht: Unter der Schlagzeile „Rettet die Handschrift“ wird erklärt, wie es funktioniert. Noch bis zum 31. März kann man sich eintragen, danach wird jedem durch Frau @meterhochzwei aka Frau Quadratmeter eine Adresse zugelost. Sodann darf man dem Zugelosten einen Brief schicken, vielleicht originell, vielleicht außergewöhnlich, einfallsreich oder künstlerisch aber jedenfalls zwingend handschriftlich! Eine tolle Idee und eine schöne Möglichkeit, einmal wieder selbst Hand anzulegen, anstatt schnell hastig in die Tastatur zu klimpern. Ich bin schon arg gespannt, wen ich mit meiner Klauen-Kreation beglücken darf!

Passend zum Thema hatte ich heute eine Ansichtskarte der lieben Frau Schaaf

im Kasten. Frau Schaaf weilte in Barcelona und ist wie Frau Quadratmeter und ich selbst der unumstößlichen und hoffnungsvollen Meinung, dass die Handschrift nicht aussterben darf! Die Teilnahme am Handschreib-Projekt ist, wie bereits erwähnt, noch bis 31. März möglich, Näheres entnehmt bitte dem obigen Link! Tut es, macht mit!

Die twitternde Frau @meterhochzwei bloggt übrigens auch, wie erwähnt, unter der Anschrift www.quadratmeter.wordpress.com, ebenso wie @FrauSchaaf, die blogtechnisch unter frau-und-herrschaaf.de firmiert. Beide sind ab sofort Bewohner meiner Blogroll und Eurer gewohnt freundlichen Aufmerksamkeit anempfohlen. Los, reinschauen!

Gezeichnet
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P.S. Auch der Herr Rööö freute sich kürzlich über Ansichtskarten. Ich glaube fast, die Menschheit lechzt nach solchen Relikten aus (scheinbar) vergangenen Zeiten. Ist das nicht eine einfache und günstige Möglichkeit, einem lieben Menschen einmal wieder eine Freude zu machen? Los! Jetzt!

Stammtisch. Was sonst.

Ein kleines Kunstwerk


war auch unter den megaknorken Geschenken, die die lieben Stammtischschwestern und – brüder gestern mitbrachten. Ich wünschte, ich könnte nur ansatzweise so zeichnen.
Danke für alles! Der Blogger- und Twitterstammtisch ist beste Stammtisch, den Würzburg, die Welt und die Galaxis je gesehen hat!

*Sich verneigend*
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