Orlando is in town! Jawohl, im vergleichsweise eher trantütig fast beschaulich zu nennenden Würzburg weht ein wahrlich hollywoodesker Hauch! Seit im Herzen der Stadt Stars wie Herr Bloom, Frau Jovovich und Herr Waltz ihrer Arbeit nachgehen und an den schönsten Orten der Stadt die zweiunddrölfzigste Ausführung von „Die Drei Musketiere“ entsteht (in 3D, immerhin!), herrscht Hochbetrieb: Die allererste Garde Hollywoods kommt schließlich nicht alle Tage! Noch nicht mal jedes Jahr! Und auch nicht jedes Jahrzehnt! Entsprechend groß ist das Interesse der Bevölkerung, viele stehen sich rund um die Schauplätze die Beine in den Bauch, um einen Blick auf die Akteure zu erhaschen oder ein Foto für zahlungswillige Zeitungen zu schießen.
Täglich werden die Würzburger und die Umländler in der Lokalpresse vom Fortgang der Arbeiten unterrichtet, auch die Zaungäste werden befragt und hier las ich heute von einer Dame aus dem Landkreis, deren großer Wunsch es wäre, ein Autogramm von Mr. Orlando Bloom zu kriegen, der mit seiner Darstellung im Welterfolg „Der Herr der Ringe“ der Auslöser dafür war, dass die Frau ihren nun dreieinhalbjährigen Sohn mit dem Namen „Legolas“ versah. Ich spuckte beinahe den Kaffee wieder aus und las nochmals: Wirklich, der arme Bub heißt wie der Elb aus dem Film und mittlerweile erfuhr ich, dass er mit zweitem Namen „Marvin“ heißt, was die Sache nicht wirklich besser macht, zumal der exotischen Namenskomposition ein typisch wödsboicherisch-meespessarter Nachname das süßsauersahnige Häubchen gibt.
Was vielleicht einer Sektlaune oder einer verlorenen Wette entsprang, muss der kleine Legolas Marvin jetzt ausbaden. „Legolas, komm zum Essen!“ – „Nö, ich will Leberwurst und kein blödes Lembasbrot!“. Himmel, der Junge kann ja nur froh sein, dass seine Mutter nicht mit Sméagol oder Gimli sympathisierte!
„Legolas, dekliniere die Lateinvokabeln!“ – Was im gestrengen Ton schon reichlich überkandidelt klingt, dürfte sich bei Kuscheleinheiten als unpassend herausstellen, weshalb Eltern für solche Momente oft Kosenamen oder Abkürzungen verwenden. Wie darf ich mir das hier vorstellen? „Komm kuscheln, Lego!“ – Wer einmal mit Legosteinen im Bett lag weiß, dass das Vergnügen eher kurz und schmerzhaft ist. „Lasso“, „Lassi“, mir fällt auch mit viel gutem Willen kein auch nur halbwegs erträglicher Diminutiv ein und später, in der Schule, könnte „Legolas dein Haar herunter!“ zum Running Gag bei der Begrüßung avancieren.
Mal ehrlich, wie kann man das einem unschuldigen Jungen nur antun?
Vor die Wahl gestellt, würde ich mir ja übrigens sowieso nicht Herrn Bloom als Gesprächspartner aussuchen, sondern Herrn Waltz, dessen Charisma mir um einiges verlockender erscheint. Auch eher so äußerlich wäre er eher der Typ, der mir das Frühstück ans Bett bringen dürfte. Und wäre „Christoph“ nicht auch ein schöner Vorname gewesen?
Ich bin jedenfalls gespannt, wie die zweiundrölfzigste Ausgabe von „Die drei Musketiere“ schließlich aussehen wird. Dass ich mir dieses Spektakel ansehen werde, steht außer Frage, denn immerhin stand ich wegen der Dreharbeiten schon das eine oder andere mal im Stau. Aber, hach, es weht doch ein Hauch von Hollywood über der Stadt!
Einen denkwürdigen Abend wünscht
moggadodde