Das Wecken ist des Müllmanns Lust

Die Anzahl der gelackten Schönlinge mit trendigen telefoninos wird hier nur noch übertroffen durch die unglaubliche Dichte von 250-l-Müllbehältern.
Noch vor einigen Jahren kippte der gemeine Italiener seinen Abfall wenn nicht an den Straßenrand, so doch in ein und dieselbe Tonne und unterschied dabei in keinster Weise nach Wertstoff oder Restmüll. Das hat sich zumindest in Norditalien heftig geändert. Man höre und staune: Mülltrennung hat sich nun auch an der Costa Teutonica durchgesetzt. Im Abstand von ca. 50 m finden sich kleine Grüppchen von vier verschiedenfarbigen Tonnen. Hotels, Gastronomie und Ferienwohnungen fabrizieren eine Menge Dreck, über den Tag betrachtet.
Hier in diesem kleinen Örtchen werden die Tonnen täglich geleert. Ich erinnere mich mit Schaudern an die Riviera-Urlaube in meiner Kinderzeit. Stinkende Müllberge in berstend vollen Containern ließen mich stets einen Schritt schneller werden. Deshalb ist die tägliche Leerung hier grundsätzlich eine prima Idee, allerdings zeigen Uhrzeit und Procedere allerdings durchaus Optimierungsbedarf.
Um 6.00 Uhr (morgens!) kündigt sich die erste Welle an. Natürlich braucht jede Tonne ein eigenes Fahrzeug, so dass also mindestens vier Müllschluckerfahrzeuge ihre Runden drehen.
Wie hier ersichtlich

befindet sich auf jedem Fahrzeug eine Person, die die Tonnengrüppchen alleine anfährt. Bei laufendem Motor steigt der Arbeiter aus, schlendert zu den Behältnissen, spaziert mit der vollen Tonne zum Auto, läuft gemächlich mit der leeren Tonne zurück zum Stellplatz und trabt gemessenen Schrittes wieder zum Auto, um schön langsam das nächste Grüppchen anzufahren, das sich in höchstens 50 m Entfernung befindet.
Weil sich an der hiesigen Kreuzung gleich vier solcher Tonnengruppen befinden, dauert das Unterfangen ziemlich lang. Ist das erste Fahrzeug durch, die Ouvertüre quasi, kommen kurze Zeit später die Kollegen für die anderen Tonnen durch. Ist das erledigt, schließt der Mitarbeiter mit der Straßenkehrmaschine das Konzert ab. Die Straßen sind sauber, die Tonnen geleert und alle Leute wach. Mit deutschem Tempo wäre die Chose in 20 Minuten erledigt, und zwar tutto completo, während der italienische Kollege viermal so lang braucht und ich noch nicht einmal sicher bin, ob der Müll nicht auf ein- und derselben Kippe auf ein- und denselben Hügel gekippt wird. Aber ich will hier nichts unterstellen.

Um die Erinnerung an den Urlaub wach zu halten, könnte ich mir den Lärm der Müllmänner ja als Audiofile mitnehmen und mich täglich davon wecken lassen. Dann könnte ich das Handy abschalten, die Augen schließen und mir kurz einbilden, dass ein wahnsinnig schöner Tag am Strand vor mir liegt.

Euch einen stillen Abend wünscht
moggadodde

Darf’s ein bisschen Meer sein?

Beinahe 50 g Creme in drei Tagen … und einer ist inzwischen so weit erträglich, dass er ohne Pflaster bleiben kann. Der am Bein ist neu und wird ebenfalls versorgt. Die Tetanuseinstichstelle tut noch ein bisschen weh, aber das ist wirklich pillepalle.
Inzwischen reagiere ich aber schon leicht panisch, wenn ich nur ein Stechvieh sehe und das ist hier in den Abendstunden ja quasi pausenlos der Fall. Dauernd wedle ich mit den Händen, um das Getier zu verscheuchen, die Leute werden sich schon ihre Gedanken machen, was mir aber reichlich egal ist. Ich bin inzwischen der festen Überzeugung, dass es einfach die fiesen Stiche DDT-bedampfter Mückennachfahren sind, auf die ich ungewohnt stark allergisch reagiere.
Es wird aber allmählich besser und der Tag am Meer hat meine Laune sowieso erheblich verbessert.

Nur zum Espresso holen aus der Horizontalen und um den MamS und Hank zu fotografieren, die sich in die heute mal endlich aufkommende Brandung wagten.

Ein heftiger Gewitterschauer gab mir am Nachmittag Gelegenheit, Hank endlich einmal das Romméspielen beizubringen. Der lernt wirklich schneller, als ich dachte. Ein paarmal hat er mich sogar schon richtig kaltschnäuzig abgezockt.
Eigentlich könnte ich jetzt noch ein Wöchelchen bleiben …

Euch einen warmen Abend wünscht
moggadodde

La paziente italiana

Sehr clever wähnte ich mich heute früh: Um nicht wieder den halben Vormittag unter italienisch quatschenden Kranken zu verbringen, schlug ich schon um 8.15 Uhr beim Dottore auf. Das Schild besagte, dass die Praxis um 8.30 Uhr öffnet. Die Tür war verschlossen. Yeah!, dachte ich, Erste!, dann bin ich um 9.00 Uhr wieder raus! Leise Stimmen drangen aus den Räumen. Ich vermutete, der Dottore und seine Frau sterilisierten noch ein paar Instrumente, oder was man sonst kurz vor Praxisöffnung so tut und wartete beruhigt vor den Räumen.
Um kurz vor halb 9 öffnete Jupiter-Flavio höchstpersönlich die Tür, hakte die Verriegelung aus und ich betrat das Wartezimmer, in dem, haltet euch fest, 10 (zehn!) Patienten mir Buongiorno wünschten. Ich fragte mich, wie die hier wohl hereingekommen waren, die Tür war schließlich zu gewesen! Oder waren die von gestern noch übrig? Verdammt!

In Italien scheint die bequeme und einigermaßen verlässliche Terminvergabe in Arztpraxen sowieso eher unüblich zu sein. Eigentlich ist es eher wie beim Metzger an der Theke. Man schneit einfach herein, merkt sich, wer vor einem ist und wenn alle durch sind, steht man auf und wartet vor der Tür des Dottore, bis er einen hereinruft. Die in einem Kabuff sitzende Ehefrau und Arzthelferin in Personalunion telefoniert und stellt Rezepte für die Laufkundschaft aus, die nicht zum Jupiter-Flavio ins Büro muss. Von wegen mehrere MTA’s, die Patientendaten erfassen, Blutdruck messen, Abrechnungen zum Quartalsende machen, Überweisungen und Chipkarten einfordern oder mit Pipiproben oder Blutkanülen durch die Praxis hechten. Pah! Nur die Frau und der Dottore, der keinen Computer hat, sondern mit der für Italiener aller Geschlechter prägnanten, geschwungenen Kleinmädchen-Handschrift unleserliche Rezepte und Rechnungen kritzelt. Rechnungen … ach ja:
Der Jupiter Flavio besah sich heute meinen Arm, der in der Röte tatsächlich ganz leicht besser geworden war. Neu allerdings war unterhalb des Ellenbogens am selben Arm ein neuer Knubbel unter der Haut, der gestern Abend noch nicht da war. Genauso hatte das am Oberarm auch angefangen! Schissdrack!
Mit seinem Englisch war der Dottore heute noch nicht weiter, genauso wie mit seinem Latein zur Diagnose. Eine Raupe. Mosquito. Oder eine Spinne. Keine Zecke. Oder die Pinien. Oder die Thujen. Oder WeißderGeierwas!
Sicherheitshalber verpasste mir der Dottore noch eine Portion Tetanus und empfahl, tüchtig weiter zu schmieren, auch auf den neuen Knubbel. Und ihn dopo domani nochmals anzurufen, wie sich mein Befinden verändert hätte. Morgen wäre nämlich sein freier Tag. Schön für ihn.

Er kritzelte eine Rechnung, angesichts der sich die Sachbearbeiter bei der Auslandskrankenversicherung wohl recht ratlos am Kopf kratzen werden. 40,00 € inkl. Tetanus und eines für mich kostenfreien Anrufs am Donnerstag. Um halb 11 verließ ich die Praxis. Wieder fast einen halber Urlaubstag auf den Arm geschmiert!
Weil der Supermarkt nur handelsübliche Pflaster im Sortiment hat, ließ ich gestern auch noch knapp 20,00 € in der Farmacia für 10 Monsterpflaster, die mitnichten ordentlich pappen und bekam noch nicht mal das obligatorische Tempopäckchen in die Tüte. Von Traubenzucker ganz zu schweigen.

Ob die Patientin den morgigen Tag noch erlebt? Wird sie die Tetanuseinstichstelle in 24 Stunden immer noch spüren? Wo wird sie nach dem Aufwachen einen neuen Knubbel gefunden haben? Schalten Sie wieder ein, wenn es heißt:
Amalato in Italia – Una storia orribile.

Euch einen filmreifen Abend wünscht
moggadodde

Haste Scheiße am Schuh haste Scheiße am Schuh

„Poverina“, stieß der Dottore aus, was soviel heißt wie „Du arme Sau!“. Da hat der gute Dottore Pollino aber auch den Nagel auf den Kopf getroffen. Als die Schwellung heute morgen noch größer geworden, jetzt mit prallen Blasen übersät war und zudem der rote Fleck darum herum die Größe eines Brotzeittellers erreicht hatte, entschloss ich mich doch lieber zum Arztgang.
Dottore Pollino, der aussieht wie eine Mischung aus Jupiter und Flavio Briatore, mag viele Fähigkeiten haben und besticht durch eine Menge gerahmter Zertifikate im Wartezimmer. Neben der normalen Quacksalberei versteht er sich auch auf die Kunst der Gynäkologie und Osteopathie, aber an der englischen Sprache hapert es leider gewaltig. Mein bescheidenes Italienisch war bereits kurz nach der Anmeldung erschöpft, aber das Erscheinungsbild meines Oberarmes sprach ohnehin für sich. Dass es sich um ein hungriges Mosquito gehandelt hat, schloss der Dottore aus. Er drückte mir ein bisschen auf dem Arm herum und schuldigte vielleicht einen „bruco“ an. Ich reichte ihm mein Mini-Langenscheidt, in dem ausgerechnet die Seiten 13 – 35 fehlten. Nix „bruco“ also. Als Antwort auf mein immer noch fragendes Gesicht schrubberte der Dottore mit dem Zeigefinger über die Tischplatte. Eine Raupe? „Something, that turns into a butterfly later?“ fragte ich. Nun rief der Dottore eine mit dem englischen Idiom besser ausgestattete Helferin herbei, die meine Vermutung bestätigte. Aber eine Raupe unter meiner 1/1-Bluse wäre doch nie unbemerkt geblieben. Ich bin zwar ein harter Brocken, aber doch nicht gänzlich gefühlstaub!

Der Dottore schien ratlos und fragte nach meiner letzten Tetanus-Impfung. Jetzt war es an mir, ratlos zu schauen, denn eher hätte ich ihm die punischen Kriege aufzählen können, nahm aber an, dass die Impfung schon irgendwann in den letzten 10 Jahren gewesen sein könnte. Vielleicht.

Dottore Pollino verschrieb mir eine Salbe, die ich noch 4 mal auftragen solle. Morgen früh will er mich nochmals sehen.
Dass ich mit dem riesigen Pflaster nicht ins geliebte Mare kann, versteht sich. Und es ist nicht groß genug, den ganzen Oberarm in voller Röte abzudecken, so dass ich aus Schamgründen nur mit Ärmelshirts unterwegs bin. Und Sonne drauf ist sicher auch nicht gut.

Der Hausarzt hat mir am Telefon vorhin erzählt, dass die letzte Tetanus-Impfung 13 Jahre zurück liegt. Nach 3 x Schmieren erscheint mir der Fleck noch größer als heute früh. Und die nässenden Blasen werden auch immer mehr.

Es ist ein Jammer und ich habe auch schon ein bisschen geflennt. Sono veramente una poverina.

Euch einen gesunden Abend wünscht
moggadodde

Sono abbastanza bene, grazie!

Nach dem Ferienfail vom letzten Jahr sind wir heuer ein paar Örtchen weiter gelandet.

Und weil wir nicht pausenlos Kinder zum Abspülen, Aufräumen, Tisch decken und Getränke schleppen ermahnen wollten, haben wir diesmal die Hotelunterkunft gewählt. Vorsaison bedeutet hier, dass von den 32 Zimmern nur 4 belegt sind.

Entsprechend fürsorglich können sich die Angestellten um die wenigen Hanserln kümmern und das ist wirklich angenehm. Und sauber ist es hier, dass es eine Freude ist. Nach dem verschimmelten und versporten Interieur vom letzten Jahr ist das eine wirklich wohltuende Erfahrung.
Gewöhnungsbedürftig ist in italienischen Unterkünften ja oftmals die Nasszelle. In diesem Haus verdient das Badezimmer diese Bezeichnung völlig zu Recht. Es ist erstaunlich, wie die italienischen Handwerker es schaffen, ein Waschbecken, eine Dusche, eine Toilette und ein Bidet auf knapp drei Quadratmeter zu quetschen. Überhaupt verstehe ich gar nicht, dass hierzulande überhaupt noch Bidets verbaut werden. Werfe ich z.B. mein Handtuch ins Waschbecken, ist für die Reinigungsfrau das Zeichen, dass es gewaschen werden soll. Das ist sinnvoll und hilft, Wasser und Energie zu sparen. Hingegen halte ich es für eine ziemliche Wasservergeudung, ein Bidet zu benutzen, allein um die Popette zu duschen. Jaja, bevor ihr fragt: In unserem Bidet lagern die in Plastik verpackten, feuchten Toilettentücher aus Nicht-Recycling-Papier, sicher auch ökologisch nicht sehr sinnvoll, aber der Mensch ist ja ein Gewohnheitstier, und am Hintern bin ich nun mal kitzlig.
Nebeneffekt des kleinen Bades ist, dass der plästerne Duschvorhang zur Seite geschoben werden muss, will man die am Ende des Räumchens placierte Toilette besuchen. Sollte kurz vorher jemand geduscht haben, tut man dies besser mit Flip-Flops, denn es gibt keine Kabine, sondern für den Wasserabfluss sorgt ein Gitterchen im Boden. Besser ist aber, man spricht sich ab, aber das macht nichts, denn führende Soziologen beklagen ohnehin die fehlende Kommunikation unter Paaren. Für Erheiterung bei der Erleichterung sorgt auch, dass man, gemütlich die Ellbogen auf den auf den Knien liegend, durchaus den einen oder anderen Tropfen aus dem schräg über dem Haupt befestigten Duschkopf erhält. Aha! Endlich erhält so auch dieses Wort eine sinnvolle Bedeutung!
Durch die Balkontüren in Bad und Schlafzimmer ist allerdings eine so perfekte Durchlüftung möglich, dass die nasse Sauerei am Boden innert einer halben Stunde getrocknet ist. Hier haben die Bauherren richtig gedacht!

Unangenehm ist hingegen, dass mich schon am ersten Abend zwei fiese Mosquitos aufgespürt und ordentlich beerntet haben. Der eine Stich in der Halsbeuge sieht nicht so schlimm aus, eher wie ein Knutschfleck. Der andere, am Oberarm positioniert, ist allerdings inzwischen reichlich angeschwollen und auf Größe des Bodens einer Insektenvernichtungsdose stark gerötet und ordentlich heiß. Ein bisschen Cortisonsalbe habe ich mit, sollte das nicht helfen, werde ich doch in die Apotheke müssen. Die wissen dort sicher besser, was gegen ihre Stechviecher hilft, die sicher die entarteten Nachfahren jener Mücken sind, die hierzulande früher mit DDT begast wurden. Offenbar vertrage ich das nicht so richtig gut.

Ansonsten: Das Wetter wird eben besser, der Strand ist hübsch und breit und wird morgen hoffentlich ausgiebigst besucht. Der freundliche Cameriere hat mir den Wlan-Schlüssel kopiert, das allerdings nur in der Bar zu empfangen ist. Ich finde das aber nicht schlimm. Dann muss der gute Cameriere auch nicht so weit laufen, um mir den leckeren Aperol Sprizz zu servieren.

Euch einen süffigen Abend wünscht
moggadodde