Das Gesetz der Serie

Kaum ist man mal eine Woche nicht im Haus, beschließen diverse Haushaltsgeräte offenbar gerne mal den gemeinsamen Suizid.
Die Kaffeemaschine suppte zwar schon länger, stand aber heute vollends im ihr vorher zugeführten Saft. Dass die Bedienung eines elektrischen Geräts inmitten einer Wasserlache nicht sonderlich ratsam ist, weiß sogar eine Physikniete wie ich. Klar, die Konkurrenz aus der Schweiz kann auch Pulver verstoffwechseln, aber sie ist eher für unsere häufigen Koffeinquickies zuständig. Für ausgedehnte Frühstücke mag ich ganz old school den Aufgebrühten aus der Kanne.

Der nächste Kandidat ist unsere heiß geliebte Flohmarkt-Kienzle. Der fantasiebegabte MamS war der Meinung, sie wäre nicht mehr auf der Höhe der Zeit und verfiel auf die irre Idee, ihr eine neue Batterie zu verpassen, was sie ihm krumm nahm, das undankbare Ding, und gar nicht mehr tickte. Einfach so.

Das alles ist aber nur Kinderkacke pillepalle gegen den nächsten Ausfall: Die Diva, die Spülmaschine, die in einem 4-Personen-Haushalt fast so wichtig ist wie ein funktionierendes Klosett oder eine standhafte Internetleitung! Am Freitag vor dem Urlaub noch im widerspruchslosen Einsatz, beschloss die Kuh nämlich, einfach den Löffel abzugeben, was eine schöne Metapher ist, wie ich finde.
Vier Carnivoren unter einem Dach verursachen eine Menge dreckiges Geschirr, das es nun manuell zu reinigen gilt: Ein Scheißjob, wenn ihr mich fragt. Der MamS findet zwar nichts Schlimmes daran. In einem spülmaschinenlosen Haushalt aufgewachsen, erinnert ihn das Schrubben krustiger Töpfe an seine Jugend, die er mit ansteigendem Alter zunehmend glorifiziert, wie ich feststelle. Mit einem provokant-fröhlichen Pfeifen auf den Lippen spült er Teller um Teller, während wir anderen murrend lauwarme Ikea-Näpfe trocknen und die Technik verfluchen. Und weil Dixie und Hank befürchten, sie müssten nur ein Tässchen mehr in die Hand nehmen als das Geschwisterkind, sind Reibereien vorprogrammiert. Ein „Ruhe hier, oder ihr fliegt raus!“ wäre ja ziemlich blöd eher kontraproduktiv, weshalb „Klappe und Abtrocknen, aber zack!“ die bevorzugte Ansage ist. Ich und genervt? Ja, verdammt!

Ersatz für die Kaffeemaschine war schnell gefunden. Die Kienzle war nach zwei Stunden Fummelarbeit, Kontaktspray, viel Geduld und etwas Spucke wieder im Takt. Nebenbei habe ich dem MamS noch meinen ehernen Grundsatz „Never Chance A Running Systeme“ verklickert.
Und für die Diva habe ich den kobaltäugigigen Wunderheiler Tscha kontaktiert, der vielleicht irgendwann in diesem Jahr noch auftauchen dürfte. Immerhin wurde derselbe Fehler am 31.05.2007 schon einmal von ihm behoben (so ein Blog-Archiv ist schon klasse), die neue Pumpe hat aber nicht so lange gehalten, wie gehofft. No-Name-Kassenpatient, halt. What would Dr. House say?
Feindselige Heimelige Familiengespräche am gebürsteten Edelstahlspülbecken werden angesichts der Wartezeit beim Spülmaschinendoktor Tscha in der nächsten Zeit so wohl noch öfter stattfinden müssen. Jemand hat mal gesagt, ich wäre Meisterin im mentalen Positivismus. Das ist schön gesagt. Ich nenne es aber immer noch lieber Galgenhumor. Da bin ich so old school wie beim Pulverkaffee.

Euch eine prilschäumende Nacht wünscht
moggadodde

Das Wecken ist des Müllmanns Lust

Die Anzahl der gelackten Schönlinge mit trendigen telefoninos wird hier nur noch übertroffen durch die unglaubliche Dichte von 250-l-Müllbehältern.
Noch vor einigen Jahren kippte der gemeine Italiener seinen Abfall wenn nicht an den Straßenrand, so doch in ein und dieselbe Tonne und unterschied dabei in keinster Weise nach Wertstoff oder Restmüll. Das hat sich zumindest in Norditalien heftig geändert. Man höre und staune: Mülltrennung hat sich nun auch an der Costa Teutonica durchgesetzt. Im Abstand von ca. 50 m finden sich kleine Grüppchen von vier verschiedenfarbigen Tonnen. Hotels, Gastronomie und Ferienwohnungen fabrizieren eine Menge Dreck, über den Tag betrachtet.
Hier in diesem kleinen Örtchen werden die Tonnen täglich geleert. Ich erinnere mich mit Schaudern an die Riviera-Urlaube in meiner Kinderzeit. Stinkende Müllberge in berstend vollen Containern ließen mich stets einen Schritt schneller werden. Deshalb ist die tägliche Leerung hier grundsätzlich eine prima Idee, allerdings zeigen Uhrzeit und Procedere allerdings durchaus Optimierungsbedarf.
Um 6.00 Uhr (morgens!) kündigt sich die erste Welle an. Natürlich braucht jede Tonne ein eigenes Fahrzeug, so dass also mindestens vier Müllschluckerfahrzeuge ihre Runden drehen.
Wie hier ersichtlich

befindet sich auf jedem Fahrzeug eine Person, die die Tonnengrüppchen alleine anfährt. Bei laufendem Motor steigt der Arbeiter aus, schlendert zu den Behältnissen, spaziert mit der vollen Tonne zum Auto, läuft gemächlich mit der leeren Tonne zurück zum Stellplatz und trabt gemessenen Schrittes wieder zum Auto, um schön langsam das nächste Grüppchen anzufahren, das sich in höchstens 50 m Entfernung befindet.
Weil sich an der hiesigen Kreuzung gleich vier solcher Tonnengruppen befinden, dauert das Unterfangen ziemlich lang. Ist das erste Fahrzeug durch, die Ouvertüre quasi, kommen kurze Zeit später die Kollegen für die anderen Tonnen durch. Ist das erledigt, schließt der Mitarbeiter mit der Straßenkehrmaschine das Konzert ab. Die Straßen sind sauber, die Tonnen geleert und alle Leute wach. Mit deutschem Tempo wäre die Chose in 20 Minuten erledigt, und zwar tutto completo, während der italienische Kollege viermal so lang braucht und ich noch nicht einmal sicher bin, ob der Müll nicht auf ein- und derselben Kippe auf ein- und denselben Hügel gekippt wird. Aber ich will hier nichts unterstellen.

Um die Erinnerung an den Urlaub wach zu halten, könnte ich mir den Lärm der Müllmänner ja als Audiofile mitnehmen und mich täglich davon wecken lassen. Dann könnte ich das Handy abschalten, die Augen schließen und mir kurz einbilden, dass ein wahnsinnig schöner Tag am Strand vor mir liegt.

Euch einen stillen Abend wünscht
moggadodde

Darf’s ein bisschen Meer sein?

Beinahe 50 g Creme in drei Tagen … und einer ist inzwischen so weit erträglich, dass er ohne Pflaster bleiben kann. Der am Bein ist neu und wird ebenfalls versorgt. Die Tetanuseinstichstelle tut noch ein bisschen weh, aber das ist wirklich pillepalle.
Inzwischen reagiere ich aber schon leicht panisch, wenn ich nur ein Stechvieh sehe und das ist hier in den Abendstunden ja quasi pausenlos der Fall. Dauernd wedle ich mit den Händen, um das Getier zu verscheuchen, die Leute werden sich schon ihre Gedanken machen, was mir aber reichlich egal ist. Ich bin inzwischen der festen Überzeugung, dass es einfach die fiesen Stiche DDT-bedampfter Mückennachfahren sind, auf die ich ungewohnt stark allergisch reagiere.
Es wird aber allmählich besser und der Tag am Meer hat meine Laune sowieso erheblich verbessert.

Nur zum Espresso holen aus der Horizontalen und um den MamS und Hank zu fotografieren, die sich in die heute mal endlich aufkommende Brandung wagten.

Ein heftiger Gewitterschauer gab mir am Nachmittag Gelegenheit, Hank endlich einmal das Romméspielen beizubringen. Der lernt wirklich schneller, als ich dachte. Ein paarmal hat er mich sogar schon richtig kaltschnäuzig abgezockt.
Eigentlich könnte ich jetzt noch ein Wöchelchen bleiben …

Euch einen warmen Abend wünscht
moggadodde

La paziente italiana

Sehr clever wähnte ich mich heute früh: Um nicht wieder den halben Vormittag unter italienisch quatschenden Kranken zu verbringen, schlug ich schon um 8.15 Uhr beim Dottore auf. Das Schild besagte, dass die Praxis um 8.30 Uhr öffnet. Die Tür war verschlossen. Yeah!, dachte ich, Erste!, dann bin ich um 9.00 Uhr wieder raus! Leise Stimmen drangen aus den Räumen. Ich vermutete, der Dottore und seine Frau sterilisierten noch ein paar Instrumente, oder was man sonst kurz vor Praxisöffnung so tut und wartete beruhigt vor den Räumen.
Um kurz vor halb 9 öffnete Jupiter-Flavio höchstpersönlich die Tür, hakte die Verriegelung aus und ich betrat das Wartezimmer, in dem, haltet euch fest, 10 (zehn!) Patienten mir Buongiorno wünschten. Ich fragte mich, wie die hier wohl hereingekommen waren, die Tür war schließlich zu gewesen! Oder waren die von gestern noch übrig? Verdammt!

In Italien scheint die bequeme und einigermaßen verlässliche Terminvergabe in Arztpraxen sowieso eher unüblich zu sein. Eigentlich ist es eher wie beim Metzger an der Theke. Man schneit einfach herein, merkt sich, wer vor einem ist und wenn alle durch sind, steht man auf und wartet vor der Tür des Dottore, bis er einen hereinruft. Die in einem Kabuff sitzende Ehefrau und Arzthelferin in Personalunion telefoniert und stellt Rezepte für die Laufkundschaft aus, die nicht zum Jupiter-Flavio ins Büro muss. Von wegen mehrere MTA’s, die Patientendaten erfassen, Blutdruck messen, Abrechnungen zum Quartalsende machen, Überweisungen und Chipkarten einfordern oder mit Pipiproben oder Blutkanülen durch die Praxis hechten. Pah! Nur die Frau und der Dottore, der keinen Computer hat, sondern mit der für Italiener aller Geschlechter prägnanten, geschwungenen Kleinmädchen-Handschrift unleserliche Rezepte und Rechnungen kritzelt. Rechnungen … ach ja:
Der Jupiter Flavio besah sich heute meinen Arm, der in der Röte tatsächlich ganz leicht besser geworden war. Neu allerdings war unterhalb des Ellenbogens am selben Arm ein neuer Knubbel unter der Haut, der gestern Abend noch nicht da war. Genauso hatte das am Oberarm auch angefangen! Schissdrack!
Mit seinem Englisch war der Dottore heute noch nicht weiter, genauso wie mit seinem Latein zur Diagnose. Eine Raupe. Mosquito. Oder eine Spinne. Keine Zecke. Oder die Pinien. Oder die Thujen. Oder WeißderGeierwas!
Sicherheitshalber verpasste mir der Dottore noch eine Portion Tetanus und empfahl, tüchtig weiter zu schmieren, auch auf den neuen Knubbel. Und ihn dopo domani nochmals anzurufen, wie sich mein Befinden verändert hätte. Morgen wäre nämlich sein freier Tag. Schön für ihn.

Er kritzelte eine Rechnung, angesichts der sich die Sachbearbeiter bei der Auslandskrankenversicherung wohl recht ratlos am Kopf kratzen werden. 40,00 € inkl. Tetanus und eines für mich kostenfreien Anrufs am Donnerstag. Um halb 11 verließ ich die Praxis. Wieder fast einen halber Urlaubstag auf den Arm geschmiert!
Weil der Supermarkt nur handelsübliche Pflaster im Sortiment hat, ließ ich gestern auch noch knapp 20,00 € in der Farmacia für 10 Monsterpflaster, die mitnichten ordentlich pappen und bekam noch nicht mal das obligatorische Tempopäckchen in die Tüte. Von Traubenzucker ganz zu schweigen.

Ob die Patientin den morgigen Tag noch erlebt? Wird sie die Tetanuseinstichstelle in 24 Stunden immer noch spüren? Wo wird sie nach dem Aufwachen einen neuen Knubbel gefunden haben? Schalten Sie wieder ein, wenn es heißt:
Amalato in Italia – Una storia orribile.

Euch einen filmreifen Abend wünscht
moggadodde