Samstag, früher Abend. Das halbwegs ordentlich erzogene Kind macht sich spätestens jetzt Gedanken, womit es der geplagten Mutter zum morgigen Ehrentag eine Freude machen könnte. Ein Schokoladengeschenk zum Muttertag wird an Langweiligkeit allerdings nur durch einen Strauß pestizidbedampfter Überseeblumen, der grün gewordenen Einfallslosigkeit übertroffen, die mit Recht genervte Floristinnen auch noch am Sonntag dem verzweifelten Kind zu horrenden Festtagspreisen über die Verkaufstheke reichen müssen.
Wie wär’s dagegen mit einem Sprachkurs als Geschenk? Wer unsicher ist, ob Mutti im fortgeschrittenen Alter noch mal die Schulbank drücken will, kann ja auch erst einmal einen Schnupperkurs buchen. An Ausgefallenheit schwer zu überbieten ist hierbei dieses Angebot
wobei ich mir nicht ganz klar darüber bin, nach welchem Lernprogramm hier vorgegangen wird. Parlez fuss francais?
Generell geht sicher nicht nur mir der Muttertagshype nämlich schon immer kolossal auf die Nerven. Anstatt das Muttchen an lausigen 24 Stunden mit Vorzugsbehandlung und Nettigkeiten zu überschütten, halte ich es für viel sinnvoller, sich an den anderen 364 Tagen nicht wie ein Arschloch aufzuführen halbwegs anständig zu verhalten. Da freut sich Mutti nämlich viel mehr!
In den werbenden Medien erfreuen sich der Mutter- und der Vatertag allerdings zweier gegensätzlicher Stereotypen: Während sich Vater mit nacktem Oberkörper an seinem Ehrentag feiernd und Bier trinkend mit seinen Kumpels aus dem Staub macht, hat sich die rüschenbebluste Mutter gefälligst über einen schön gedeckten Tisch mit feinem Kaffee und Kuchen sowie etwas zähneknirschend über das Chaos zu freuen, das ihr Kinder und Gatte im Bemühen um einen unvergesslichen Muttertag in der Küche hinterlassen.
Ich bin schwer dafür, einmal die Rollen umzukehren: Papi wird zum Vatertag in den Werbeblättchen im Kreise seiner Lieben mit einem Tässchen Mocca und einem Eierlikör abgebildet, während er sich scheinbar wie Bolle über das das geschenkte Alpenveilchen freut. Zu Muttertag wird Mami hingegen in lockerem Outfit präsentiert, wie sie mit Freundinnen, einem Bollerwagen voller Prosecco und Antipasti gerade zum Picknick ins Grüne pilgert. Ohne jegliche Kinder, natürlich, denn die hängen Papi an seinem Ehrentag ja auch nicht am Hosenbein.
Ich bin froh, dass im Hause Mogga seit Jahren schon kein Gedöns mehr um diese Beutelschneidertage gemacht wird. Natürlich wäre es herzlos gewesen, die von diversen Kindergartentanten indoktrinierten Kleinen über den Muttertags-Mumpitz aufzuklären. Und es fiel mir auch leicht, mich über die zahlreichen von Kleinkindhänden deformierten, tönernen Kresse-Igel-Förmchen oder großkalibrigen Aschenbecher zu freuen. Inzwischen haben hier aber alle verstanden, dass sie Ärger riskieren, sollten sie es wagen, auch nur einen Euro in Grünzeug oder Fresskram zu investieren.
Bis zu ihrem Tod hat die Erfinderin des Muttertags, Anna Jarvis, übrigens erbittert gegen dessen ausufernde Kommerzialisierung gekämpft und verstarb unverstanden, verbittert und völlig verarmt 1948 in einem Altenheim. Dass die Kosten für diesen Aufenthalt ohne ihr Wissen ausgerechnet von der Blumenhändlerbranche übernommen worden waren, ist an trauriger Ironie wirklich nicht zu überbieten.
Euch einen liebevollen Abend wünscht
moggadodde