Kettensägen-Mascara

Dixie so: „Maaaama! Kriege ich wasserfeste Wimpertusche mit Ace weg?“
Ich so: „Klar, kannste machen, wenn du nachher deine Wimpern einzeln in der hohlen Hand zählen willst!“
Sie so: „Vom T-Shirt, du Dummi! Ähhhm … au weia. Das hast du jetzt nicht wirklich ernst gemeint, oder?“

Vielleicht habe ich in letzter Zeit die falschen Filme gesehen, zuviel zweifelhafte Gesellschaft genossen oder etwas Unbekömmliches gegessen: In einer ersten, verirrten Reaktion nahm ich nämlich tatsächlich an, sie wollte sich mit fiesem Fleckentferner die Augen abschminken. Und hey, das mit dem Dummi war ja bisher eigentlich immer mein Text!

Euch einen lachhaften Abend wünscht
moggadodde

Thank God, it’s Ostern!

Ostern ist für mich so der innere Wendepunkt: Jetzt wird’s Frühling! Endlich wieder Farben und ein paar wärmende Sonnenstrahlen!

Der MamS mag diese Jahreszeit ja nicht so, denn auch Birke, Hasel und Erle melden sich aus dem Winterschlaf und entlassen ihre widrigen Pollen in die laue Luft. Frühblüherallergiker haben es da nicht einfach und wir sind übereingekommen, dass ich ihm nur noch einmal täglich „Gesundheit“ wünsche, weil ich sonst gar nicht hinterher käme, so oft wie es den Ärmsten bei den im 10er-Block auftretenden Niesanfällen rüttelt und schüttelt.
Dixie ist aushäusig unterwegs, so dass nur der kleine Hank sein Osternest im Backofen gefunden hat. Ich habe wie jedes Jahr verdrängt vergessen, Eier zu färben, aber es geht auch ohne, denn Schokolade schmeckt doch viel besser und jetzt geht’s zur SchwäSu zum Schlemmen, Schmausen und Bauchvollschlagen. Der MamS wird den Fahrdienst übernehmen, so dass ich auch einen Hauch Sekt nehmen kann. Oder zwei.

Euch zwei fröhliche Tage mit allem, was dazu gehört wünscht

moggadodde

Früher war mehr Lametta

So lieblich das Himmelbett des Sprösslings bläulich oder rosa leuchtet, so schillernd malen Eltern die Zukunft ihrer Lendenfrüchte: Fynn-Eric kann schon vor der Einschulung Legosteine der Größe nach ordnen? Aus dem wird ein Architekt, vor dem sich die besten Baumeister der Welt warm anziehen werden müssen!
Arwen-Arja kann eine Geige halten und Anakin-Lovis den Klavierdeckel zuklappen, ohne sich die Finger zu quetschen? Die beiden haben doch schon jetzt so viel mehr Talent in ihrem Nasensabber als Anne-Sophie Mutter und Herr Lang Lang zusammen!
Spätestens, wenn die kleinen Wunderkinder in diesen Zustand mit dem Namen Pubertät kommen, ist aber Schluss mit lustig. Dann nämlich stellt sich heraus, dass auch sie nur ganz normale, liebenswerte Menschlein sind, die trotzdem schnell kotzbrockig werden können.

Erwartungstechnisch habe ich ja auch nicht anders gedacht schon immer kleinere Brötchen gebacken. Selbstverständlich würde Hank eine universitäre Ausbildung an der Sorbonne oder in Princeton genießen, sich aber dann gegen verstaubte Hörsäle für seine frühe Liebe Fußball entscheiden. Er würde glücklich durch die Welt vagabundieren und bei den größten Fußballvereinen des Planeten anheuern, angehimmelt von zahllosen, kreischenden Frauen und wegen seines Ausnahmetalents respektiert von den Männern. Natürlich würde er sich der Entbehrungen seiner Eltern erinnern und ihnen von seinem Millionensalär die erträumte Villa in Tremosine mit grandiosem Blick auf den Gardasee unter den Weihnachtsbaum legen plus ein hübsches Cabrio. Seine steile Stürmerkarriere würde ihn schließlich in die Hall of Fame gleich neben Pelé, Beckenbauer und Lothar Emmerich stellen, er hätte mit einer bezaubernden Frau viele reizende Kinder und würde seine Eltern nicht als Babysitter brauchen, weil er und unsere wunderbare Schwiegertochter eine fähige Nanny engagieren würden. Er wäre auch nach einem 90-Minuten-Fight eine Augenweide, hätte als erster in der Familie einen dichten Lockenkopf und sein Schweiß röche nach frisch gepflückter Pampelmuse im Frühling.

Ganz sicher würde er nie einer dieser Typen, wie ich sie dauernd in der Stadt sehe: Er trüge nie ausgeblichen-dreckige Lumpen, deren Gesäßtaschen in Kniehöhe hängend den Eindruck vermitteln, wegen der dünn gesäten Zahl öffentlicher Toiletten hätte der Träger seine Notdurft direkt in die Hosen entleert. Nie hätte er klobige Turnschuhe an, in denen nicht nur der kleine, im Nil ausgesetzte Mose, sondern auch noch ein Kumpel Platz gehabt hätten. Von Hosenbeinen, die in Socken gestopft sind, dem Gangbild, das an einen Gorilla auf Valium erinnert und dem Gesichtsausdruck, der zwischen Debilität und Aggressivität changiert, ganz zu schweigen.

Nun steckt der kleine Hank trotz Größe 42 noch in den pubertären Kinderschuhen. Und ich ahne schon jetzt, dass nicht alles läuft, wie ich einst plante. Seine Begeisterung fürs runde Leder ist nur noch ansatzweise vorhanden, zum Training kriege ich ihn nur noch, wenn ich mütterlich-sanften Druck ausübe und an seine Restvernunft appelliere, denn Junior bangt um seine mühsam und unter Aufbietung allerlei Sprays und Dosenviagras drapierte Matte. Unfrisiert geht er mittlerweile nicht mal mehr den Hasenstall ausmisten.
Es kommt morgens zu Staus, weil er fürs Hairstyling länger braucht als seine Schwester, was den Badbelegungsplan zum Kippen bringt und sein anfänglicher, schulischer Fleiß ist etwas gewichen, das ich als die „Optimierung des Minimalistischen“ bezeichnen würde.
Er äußert oft nur entfernt an menschliche Geräusche erinnernde Grunzlaute, die mich trotzdem zum Lachen bringen, weil ich weiß, er kann auch normal und sogar in mehreren Dialekten sprechen. Er schläft in seinen Klamotten, wenn ich nicht aufpasse und sorgt für eine im Rahmen bleibende Nebenkostenabrechnung, indem er sich nur duscht, wenn die restlichen Familienmitglieder ihn wegen des mephitischen Gestanks aufs Übelste beschimpfen.
Er besitzt mehrere Hosen, von denen er aber nur eine trägt, wobei die Gürtellinie so weit in den Süden gerutscht wird, dass der Comic auf der darunter getragenen Hochglanz-Simpsons-Shorts (ein Geschenk der Großmutter) in Gänze betrachtet werden kann. Betriebliche Anweisungen wie Spülmaschine ausräumen oder Müll wegbringen überhört er erst eine Weile, um sie dann unter gespieltem Protest doch auszuführen.
Er hat sich eine Porno Pilotenbrille

gekauft, die er auch noch trägt, nennt mich „Muhdda“ und wenn er mich mit der „Fist of Ghetto“ begrüßt, lacht er unter einer Kakophonie rostiger Gießkannen, denn der Stimmbruch hat längst eingesetzt.

Was ihm allerdings gänzlich fehlt, ist die bösartige Zickigkeit, die Mädchen im selben Alter an den Tag legen und der geneigte Langzeit-Leser weiß, dass ich auch damit geschlagen war. Trotz all der Veränderungen ist er noch immer mit leichter Hand zu zügeln, überwiegend freundlich und aufgeschlossen und wenn der Gaul mit ihm durchgeht, schicke ich ihn in den nahen Wald, wo er sich mit Euro-Paletten und einer Plane ein gemütliches Quartier schuf und sich mit seinem Kumpel sicher über Mädchen, Motorräder und den idealen Haarlack unterhält.

Seit Hank in Mutation begriffen ist, sehe ich auch die Jungs in der Stadt mit anderen Augen. In zwei oder drei Jahren könnte schließlich auch mein Ableger für eine Weile so trübe durch die Gegend mäandern und der war ja auch mal ein gepflegter, gut aussehender Junge.

Vieles im Leben kommt anders, als man sich das vorgestellt hat, Menschen und Erwartungshaltungen verändern sich und der Kluge lernt, in allem etwas Positives zu finden. Dass Hank nie ein Sportstar werden oder zur Sorbonne oder nach Princeton gehen wird, ist nicht weiter tragisch. Dass er irgendwann eine Arbeit findet, mit der er glücklich ist und dass er zufrieden und gesund durchs Leben geht, das zählt. Und da ist es mir herzlich schnuppe, ob er vorübergehend aussieht, wie ein Mensch gewordener Wischmopp.

Euch einen toleranten Abend wünscht
moggadodde

Abgefüllt in Sommerhausen

In Sommerhausen begänne Italien, so heißt es vollmundig und dennoch: Die Führung durch die beschauliche Weinhochburg

mussten wir regenbeschirmt absolvieren. Ausgangspunkt war das Torturmtheater, das weithin bekannte, kleinste Theater Deutschlands. Just als der Guide uns in die bewegte Gemeindegeschichte einführte, fuhr Veit Relin vor, der Prinzipal des genannten Hauses. Sicher spukte ihm schon der Entwurf eines neuen Aquarells im Kopf herum oder ein neues Stück oder was sonst einen Künstler so umtreibt, denn er entschwand, ohne uns wissbegierige Würmer eines Blickes zu würdigen.

Dass in Sommerhausen aber sonst mitnichten humoristische Diaspora herrscht zeigt der Umstand, dass auf dem dortigen Friedhof die steinerne Figur der Glücksgöttin Fortuna zwischen dunklen Grabsteinen residiert. Weil die Gemeinde im Rahmen von Erneuerungsarbeiten für die halbnackte Holde keine Verwendung mehr hatte, wurde die lebensgroße Schönheit einfach zwischen die Epitaphen geparkt. Zwar spielt bei der Frage „Tod oder Leben“ Frau Fortuna bekanntlich eine nicht unerhebliche Rolle, trotzdem war ich kurz hin- und her gerissen, ob ich das pietätlos finden soll. Letztlich komme ich aber zu der Meinung, dass auf einem „Gottesacker“ schließlich alle Aufnahme finden und deshalb nichts dagegen spricht, auch eine Göttin dort endzulagern.

Weiter ging es durch kopfsteingepflasterte Gässchen auch zum Marktplatz Sommerhauses, wo das Geburtshaus von Franz Daniel Pastorius steht, dem Begründer der ersten, deutschen Ansiedlung Germantown im heutigen Philadelphia, der schon 1683 als erster Deutscher auswanderte. Den Abschluss bildete der Besuch im historischen Rathaus, wo uns der Altbürgermeister-Stadtführer Herr Oehler noch ein inoffizielles Frankenlied-Ständchen darbrachte, bevor er uns zum feuchtfröhlichen Teil des Abends entließ.

Mittlerweile war es stockfinster geworden, aber es hatte aufgehört zu regnen. Wir stiegen ungefähr eineinhalb beschwerliche Kilometer in die steilen Weinberge auf, immerhin eine clevere Teilnehmerin aus der Gruppe hatte an eine Taschenlampe gedacht und erhellte den Weg. Reichlich erhitzt kamen wir am Weingut Steinmann an, wo wir für eine Weinprobe angemeldet waren.
Nun hatte auch ich als gebürtige Fränkin bisher erst eine solche Degustation erlebt. Damals wurden vergnügliche Anekdoten rund um den Rebensaft vorgetragen, über Sorten, Testverfahren und Geschmacksfragen referiert, während man sich in Sommerhausen nicht sehr lange mit solchen Förmlichkeiten aufhielt. Zu Mostsuppe, leckerer Brotzeit und Dessert wurde jede Menge vorzüglicher Weine auf den Tisch gebracht, Eckdaten zu Produktion und Lage genannt und ansonsten eher defensiv moderiert, was den Anwesenden genug Gelegenheit gab, von den unablässig aufgefahrenen, flüssigen Preziosen zu probieren, was alle ausgiebigst taten und dank Flatrate-ähnlicher Bedingungen am Ende des Abends tüchtigst einen in der Krone hatten.
Mir persönlich verpassten die beiden Roten am Ende und hier ganz besonders die deliziöse Domina die letzten Gaumenkitzler des Abends. Durch den aufziehenden Nebel einsetzender Trunkenheit Nach dem vergnüglichen Abend brachte uns der tapfer-trockene Schwager Manni sicher heim, wo ich, kaum in der Horizontalen angekommen, in Morpheus‘ weit geöffnete Arme sank: Und dank Steinmann schlief ich wirklich wie ein Stein, Mann.

Euch eine launige Nacht wünscht
moggadodde

Ballgeflüster

Zwar könnte ich beileibe nicht die komplette Aufstellung der Endspielmannschaft von 1974 herunterbeten, so wie manch wirklich fußballfanatischer Mensch und auch was Spielernamen sowie deren derzeitige dienstgebende Vereine angeht, klaffen erhebliche Lücken. Die Biester wechseln ja ohnehin dauernd die Arbeitsstelle und davon abgesehen, dass es mich nicht interessiert: Ohne Excel-Kenntnisse verliert man im Transfermarkt schnell den Überblick. Ich bin auch kein richtiger Fan im klassischen Sinn, ich bin eher, sagen wir, eine halbwegs aufgeklärte Sympathisantin, die auch passives Abseits erklären kann und sich selbst deshalb an der Schwelle zur Fortgeschrittenenliga befindlich zählt.

Darauf hatte ich mich ja gefreut: Im Luisengarten gaben die Herren Redakteure Kirschneck und Köster

gestern hervorragend pointierte und formidabel formulierte Bonmots aus ihrem 11 Freunde-Magazin zum Besten. Keine klassische Lesung, eher eine multimediale Leseshow boten die beiden Redakteure der geschmackvollsten Fußballzeitschrift in unserem Land. Wer Statistiken will, liest Kicker. Wer Klatsch will, liest die Sport-Bild (obwohl die wirklich sehr oft das Neueste so schnell verbreiten können, wie der Greenkeeper „Runter vom Rasen“ bellen kann). Wer aber über die übliche Berichterstattung hinausschauen möchte, Hintergründe und außergewöhnliche Geschichten erfahren, Interviews, die jenseits vom üblichen Pillepalle-Geschwafel beheimatet sind lesen und sich von wirklich ulkigen Einfällen (siehe das imaginäre Fahrtenbuch von Markus Babbel) unterhalten lassen möchte, ist hier richtig. Mit 11 Freunde würde sogar die dritte guatemaltekische Liga interessant und das liegt für mich durchaus nicht daran, dass ich den Tanz ums runde Leder über alle Maßen packend fände. Ja, ein bisschen, zugegeben, aber ansprechend formulierte Satzgefüge, schnoddriger Ausdruck im Wechsel mit gewählter Diktion – man liest gleich, hier sind keine Groblinguisten am Werk, die mit Stammelsätzen und Vorschul-Formulierungen jede noch so interessante Reportage zu verpfuschen in der Lage sind. Und bei jemandem, der auch so etwas kann, macht mir ein „Mann, muss ich pissen!“-Satz im hanebüchenen Tatsachenbericht „Gelb ist die Hoffnung“ über wegen Hansapils-Druckbetankung blasenschwach gewordene, zum Auswärtsspiel fahrende Fans nichts aus.

Aufgelockert mit Beamer-Vorführungen der besten Schwalben aus aller Welt, peinlichen Trainer-Fauxpas vor laufender Kamera und vielen anderen Fernsehschmankerln aus dem Tollhaus Fußballbetrieb war das ein wirklich gelungener zweieinhalb-Stunden-Auftritt der Herren Kirschneck und Köster.
Auf den Anblick eines nervös am Spielfeldrand bebenden Jogi Löw, der fast beiläufig eine seiner Handflächen kurz in seiner offenbar verschwitzten Achselhöhle bettet, um danach genauso unauffällig und sicher unbewusst aber nicht unbemerkt an derselben Hand sein Odeur terrible zu beschnuppern, hätte ich allerdings doch lieber verzichtet.
Trotz meiner durch üble Lücken imponierende Fußballkenntnis war der Abend höchst gelungen. Abonnieren werde ich das Heft aber trotzdem nicht. Dafür sind die Prämien dann doch etwas zu „strümpfig“, wie der Franke sagt.

Euch eine runde Nacht wünscht
moggadodde