Der erste Pinkelpott, die erste Büchertasche, Aufladungen fürs Handy – alles das sind nur beispielsweise Anschaffungen, für die von alters her der Pate verantwortlich zeichnet. Für Dixie kam ich auf die Idee, meinen einzigen Bruder für das Amt des Taufpaten zu rekrutieren. Und weil er damals ja noch keinen triftigen Grund zur Ablehnung hatte, sitzt er nun mit uns in einem Boot.
Deshalb durfte er heute seine Nerven und sein Auto für einen Ausflug bereit stellen. Und weil ich ihn nicht alleine leiden lassen wollte und er ja ggf. einen Unfallzeugen für die Versicherung gebraucht hätte, fuhr ich mit.
Der Verkehrsübungsplatz in Lauda-Königshofen ist nicht besonders groß und erinnert an die Fahrgeschäfte auf Volksfesten, in denen die Kinder in Karossen auf Schienen über den Parcours befördert werden, dabei wie verrückt an den Lenkern kurbeln und sich einbilden, sie führen selbst. Einige, eng gezeichnete Straßen gesäumt von geduldiger Rasenfläche, ein paar Ampeln, die wichtigsten Verkehrsschilder und aus gutem Grunde kein Baumbestand, fertig ist die Driving Range für motorisierte ABC-Schützen und der Unterschied zum Volksfest-Fahrgeschäft ist schnell erklärt: Es ist alles echt und bitterer Ernst.
Der Fahrzeughalter auf der Beifahrerseite mit seiner einsatzbereiten Linken an der Handbremse, ich auf dem Rücksitz, machtlos und zurückhaltend mit jeglichem Fahr-Rat: Während der ersten, quietschenden Anfahrversuche blieb schon mächtig Gummi auf dem Asphalt, aber auch wenn Dixie teilweise vor lauter Konzentration auf das Kupplung-Gas-Spiel mehrere Ampelphasen verpasste (und dafür vom nachfolgenden Nichtskönner-Deppen angehupt wurde!), passierte es irgendwann tatsächlich immer öfter, dass sich der Golf ohne quietschende Reifen von der Stelle bewegte.
Für realistische Verkehrsbedingungen sorgte ein orangefarbener, gepimpter und mit zwei Querkappenträgern besetzter Flitzer unbekannten Fabrikats, der mit heruntergelassenen Scheiben über den Platz heizte, was eine gute Gelegenheit war, Dixie gleich mit der einschlägigen Gestik und Mimik hinter dem Steuer vertraut zu machen: Effenberg, Scheibenwischer und das Vögelchen wollen schließlich auch geübt werden. Nach Abmahnung des Platzwarts schürten die beiden vom Gelände und auch wenn die Pappnasen nun weg waren, fünf oder sechs verbliebene Fahrzeuge reichten, um auf dem kleinen Platz für reichlich Verkehrsgefährdung zu sorgen.
60 Minuten verkrampfter Nervenkitzel für alle Beteiligten für gerade 5 Mücken, inkl. Versicherung für evtl. Schäden an Lichtzeichenanlagen, Beschilderung und Grünflächen, das hört sich erstmal viel an. Aber wer in so einer Höllenschaukel sitzt, für den fühlt sich so eine Stunde glatt doppelt so lang an.
Beruhigt hat mich, dass sich einige viel schlimmer angestellt haben als Dixie, beunruhigt hat mich, dass ich beim nächsten mal wohl mit meinem Auto fahren, außer, der herzallerliebste Pate von allen lässt sich nochmal dazu breitschlagen. Und dann üben wir vielleicht auch mal den dritten Gang, gell?
Euch eine unfallfreie Nacht wünscht
moggadodde