Mit dem Tod von schrecklich berühmten Leuten ist das ja oft so eine Sache. Beißen sie in relativer Jugend ins Gras und haben bis dorthin schon wegen überwiegend positiver Leistungen von sich reden gemacht, werden sie eine Legende und in den Köpfen der Menschheit unsterblich. Hätte sich James Dean nicht schon mit Mitte Zwanzig in den Tod gerast, wäre er später vielleicht Ehrenmitglied beim KKK geworden oder Chrysler-Vorstand, beides nicht sehr angenehm. Wäre Marilyn Monroe nicht so bald gestorben, wäre sie heute vielleicht eine alkoholsüchtige Vettel, die allen mit ihren aufgewärmten Geschichten auf die Nerven fällt. Michael Jackson auf alle Fälle hat lange genug gelebt, um sein Denkmal schon zu Lebzeiten zu demontieren, ungeachtet der heutigen heuchlerischen, weltumspannenden Trauer. Hat nicht jeder zu Jackos Lebzeiten nicht irgendwann einen Witz über seine inzwischen groteske Erscheinung gerissen?
Dem King of Pop ist jetzt dem King of Rock auf den Olymp gefolgt. Wie Elvis war auch Jacko am Ende nur noch eine tragische Figur und ein Schatten seines früheren, göttergleichen Status. Dass es auf allen Stationen Sondersendungen hagelt und inzwischen alle Jackson-Scheiben in Deutschland ausverkauft sein sollen, halte ich für vollkommen angemessen. Der Mann hat schließlich Musikgeschichte geschrieben. Punktum.
Darüber geriet ich eben mit dem Nachbarn ein wenig in Streit. Er schimpfte über den Schwachkopf, der doch so hirnlos war und sich in jedem Jahr eine neue Nase anmontieren ließ. Danach zeterte er angesichts der globalen Trauer und mutmaßte, dass jemand, der mit Affen wohne, mit diesen sicher nicht nur unter Berücksichtigung von tierschutzrechtlichen Aspekten verkehre. Das sagte er natürlich nicht so charmant; er drückte sich ein wenig primitiver aus und zog in übler Manier über den Idioten her, der doch so bescheuert war und sein Baby im soundsovielten Stock über einem Balkongeländer baumeln ließ.
Ich fand sein Gewäsch ziemlich nervig und parierte im Affekt, dass er mal ein wenig aufpassen solle, wie er über Leute spreche, die noch nicht mal kalt sind. Dass jemand, der über 750 Millionen Platten verkauft hat, so untalentiert ja nicht sein könne und dass die von ihm favorisierte Schürzenjäger-Bierzelt-Combo das ja erstmal nachmachen solle. Dass er auch Hasen halte und ob deshalb jemand behaupten würde, dass er ein Sodomit sei? Und dass ich schon verstehen könne, dass er nur die schlechten Seiten von Jacko gekannt hat, weil er in dessen bester Zeit hinter seinem antiimperialistischen Schutzwall gesessen und den Puhdys zugejubelt hat, während mich in meiner Jugend ein Herr Jackson mit seiner grandiosen Popmusik begeisterte und ich quasi damit aufgewachsen bin. Er hätte nie die Puhdys gehört, behauptete er und merkte aber, dass ich wegen seiner Wortwahl ein wenig angepisst reagierte.
Klar hatte Jacko was an der Waffel, nichtsdestotrotz war er aber vor zwanzig Jahren ein genialer Musiker, der in der ganzen Welt respektiert, bewundert, angehimmelt und hofiert wurde und das musste dem Nachbarn schließlich auch mal gesagt werden, wenn er sich schon nur an Skandalgeschichten, Gesichtsoperationen und Sauerstoffzelte erinnern kann.
Zugegeben, mir ist dem MamS gegenüber heute auch eine Bemerkung entschlüpft, als ich sagte, dass mit Jackos Abgang das Wort „verblichen“ einen einmaligen, zweideutigen Sinn erhielte. Aber ich darf das sagen, schließlich war mal Jackson-Fan, irgendwann vor fünfundzwanzig Jahren, und habe auch seine musikalisch guten Zeiten erlebt und weil ich weiß, dass er irgendwann mal nicht nur die tragische Figur war, die er zuletzt abgegeben hat.
Haunei Jacko!
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