Im Gegensatz zum Beischlafen, bei dem optimalerweise mindestens zwei Parteien aktiv werden sollten, ist das Beifahren eine Tätigkeit, die bei einem Teilnehmer eher Passivität erfordert.
Wir kennen alle die Filmschnipsel aus dem Privatfernsehen, bei denen großmäulige, männliche Heißsporne auf dem Beifahrersitz die Fahrzeuglenkerin in einer Tour belehren, verbessern, oder ihre Schnecke wegen angeblicher Fahrfehler zur selben machen. Da möchte ich gerne rufen: „Mensch, Mädel, schmeiß doch den Arsch neben dir aus dem Auto!“
Ich selbst halte mich für eine gute Beifahrerin, wie generell den Frauen diesbezüglich die bessere Qualifikation zugesprochen wird. Wohl wissend, momentan nicht Herrin über das Steuer und somit ohne großes Mitspracherecht zu sein, lasse ich meinen Blick gern durch die vorbeiziehende Landschaft schweifen. Auf Wunsch des Fahrers krame ich nach Kaugummis, Wasserflaschen oder Brillenputztüchern und tue auch sonst alles, um dem Fahrzeugführer den Trip angenehm zu gestalten. Ich schiele nicht nach dem Tacho oder bemängele einen nach meiner Meinung zu geringen Sicherheitsabstand. Der Chef sitzt hinterm Steuer, hat idealerweise den Führerschein und weiß, was er tut.
Auch der MamS war bisher ein gelassener Vertreter der Gattung Beifahrer, was ich ihm sehr hoch anrechnete. Auf der anderen Seite gab es an meinem Fahrstil bislang auch wenig auszusetzen. Ein einziger, selbst verschuldeter Auffahrunfall bei regennasser Fahrbahn, zwei bis drei Knöllchen wegen Parkzeitüberzug und 0 (NULL) Punkte in Flensburg dürften in einer über zwanzigjährigen Autofahrerkarriere für sich, d.h. für mich sprechen. Zugegeben, dass ich vor vier Jahren mit dem Kotflügel seines überbreiten Avensis die überenge Garageneinfahrt küsste, war eine dumme und teure Unachtsamkeit, die ich zutiefst bedaure und dass er mir diese bei Gelegenheit gerne mal unters Näschen reibt, habe ich verdient.
Seit Freitag hat sich das aber vorübergehend geändert. Natürlich waren wir am Wochenende nur mit dem neuen Auto unterwegs und sofort nahm er die Züge jenes besserwisserischen Nörglers an, den niemand gerne befördert, wenn der Weg nicht geradewegs dahin führt, wo der Pfeffer wächst. „Dreh’ nicht so hoch!“, „Da ist fei nur 80! Wenn du hier geblitzt wirst, ist der Schein wech!“, „Blinken!“ – schnell war ich leicht genervt. Sowas kenne ich doch gar nicht!
Als wir in die Tankstelle einfuhren und ich langsam an zwei hintereinander liegende, freie Zapfsäulen rollte, gab er die Order, dass ich an der vorderen Säule halten sollte und jetzt wurde ich leicht ungehalten, wies darauf hin, dass ich erstens nicht zum ersten mal beim Tanken wäre und zweitens noch nie eine Zapfsäule durch blödsinniges Halten blockiert hätte. Ich tat ihm meine Freude darüber kund, ab Montag wieder allein fahren zu dürfen und bot ihm freundlich an, doch den Heimweg zu Fuß anzutreten, da könnte er dann meckern und ungefragte Ratschläge geben, soviel er nur wollte, aber das war ihm auch nicht Recht. Er war sauer, ich war sauer und in der Folge schwiegen wir uns an. Na, das ging ja fein los!
Es versteht sich von selbst, dass ich das Auto höchst sorgsam behandle und nicht absichtlich zu Klump fahre, das Ding soll ja ein paar Jahre halten. Aber es ist ein Auto, das ich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch verwende, wozu ich dank meiner Fahrpraxis und dem Bisschen mir inne wohnenden, gesunden Menschenverstand auch in der Lage bin! Und da brauche ich niemanden, der mir ständig Belehrungen an den Kopf und vorwurfsvolle Blicke auf die Hand wirft, zum mahnenden Zeichen, dass es Zeit zum Schalten ist.
Auf Dauer könnte ich dieses Gemecker nicht ertragen, aber ich bin überzeugt, dass das nur Startschwierigkeiten sind, die verschwinden, wenn ein paar Kilometer mehr auf dem Tacho sind. Vielleicht ist es ja auch nur seine Art von Trauerarbeit, um über den Verlust des Micra hinweg zu kommen; er mochte ihn ja schließlich auch.
Das erinnerte mich aber daran, dass ich Dixie zu gegebener Zeit empfehlen werde, ihren irgendwann auf der Bildfläche auftauchenden, zukünftigen Ehemann nicht nur auf Herz und Nieren und etwas tiefer zu prüfen. Einige gemeinsame Ausfahrten mit ihr am Steuer und dem potenziellen Partner auf dem Beifahrersitz und sie wird erkennen, ob ihr Mitfahrer der Herr der Eheringe sein könnte oder ein besserwisserischer Meckerer, den sie dann getrost in den Wind schießen kann. Untrüglicher Indikator für ein gedeihliches Zusammenleben sind nämlich neben ein paar anderen Nebensächlichkeiten nicht nur die Qualitäten als Beischläfer, sondern vor allem die als Beifahrer. Dieser Aspekt wird in der Partnerfindungsphase eindeutig zu nachlässig betrachtet, finde ich.
Euch einen untadeligen Tag wünscht
moggadodde