Gerade habe ich die Meldung über eine Italienerin gelesen, die einen 9jährigen erst angefahren hat und dann abgehauen ist. Kurz nach dem Vorfall kam sie zurück, um die Adresse des Buben zu erfahren und erschien später bei den Eltern, um 600 € für den Blechschaden zu kassieren. Natürlich wurde die Frau jetzt angezeigt und das „kleine Opfer“, wie er im Corriere genannt wird, erlitt Schleudertrauma und Prellungen.
Das erinnerte mich an einen Vorfall von dieser Woche: Ich wollte Dixie nach Schulschluss an der Bushalte aufpicken. Weil ich sie auf den ersten Blick nicht sah und nicht die Busbucht blockieren wollte, fuhr ich auf eine kleine Garagenzufahrt direkt hinter der Haltestelle. Ich war sehr, sehr langsam – überall wuselten schreiende Schüler herum und schubsten sich. Alle gingen einen Schritt zur Seite als ich dorthin rollte, alle bis auf zwei Milchbärte, die es vor meiner Motorhaube wohl ziemlich cool fanden und wie angewurzelt dort standen und mich anglotzten. Ich gestikulierte und hörte die anderen „Was will die denn da?“ rufen und unter anderen Nettigkeiten auch das Wort mit „F“ am Anfang und „otze“ am Ende. Natürlich musste ich an mich halten, um nicht auch ein bisschen ausfällig zu werden aber ich wartete einfach, bis den beiden das Spiel zu blöd war und sie mich passieren ließen.
Ich guckte mich um, fand Dixie nicht, drehte und wollte wieder ausfahren. Schon wieder standen zwei Kerle im Weg. Ob es dieselben Bürschchen waren, weiß ich nicht. Die Biester sehen mit ihren schwarzen Kapuzenjacken ja alle gleich aus. Ungerührt und angewurzelt standen sie mit dem Rücken zu mir vor dem Auto, die Hände tief in den Jacken. Feixend und grölend standen die Kumpels an der Seite und ich rollte an die beiden heran. Mein Herz klopfte bis zum Hals und ich musste mich wirklich schwer zusammenreißen um nicht auszusteigen und den Typen den Marsch zu blasen aber viel lieber, das gestehe ich hier, hätte ich meinen rechten Fuß ein bisschen aufs Gas getippt, um den beiden kessen Evolutionsbremsen in die Hacken zu fahren.
Natürlich macht man sowas nicht. Ich hatte einen guten Tag gehabt und Hank plus Schamhaar-Addi im Auto. Außerdem waren die Kerle in der Überzahl. Ein falsches Wort und die hätten mir das Auto verbeult oder ein Messer gezogen oder was man als Gangsta halt so macht, wenn man gefrustet ist und eine Bitch mit vorlauter Klappe vor sich hat. So wartete ich wieder, bis ihnen langweilig wurde und sie unter bewunderndem Johlen ihrer Kumpels in mehr als schneckösem Tempo Platz machten.
Ich will die Italienerin beileibe nicht in Schutz nehmen – aber spontane Pauschalverurteilungen mag ich auch nicht. Vielleicht hatte sie einen wirklich beschissenen Tag an der Supermarktkasse oder am Fließband und dann kommt vielleicht noch so ein rotzfrecher Blödbengel daher, der sie „puttana“ schimpft und bis auf die Knochen provoziert. Manchen Leuten sind schon für weniger die Sicherungen durchgebrannt. Davon ist zwar nichts zu lesen in den Zeitungen und die Eltern dann auch noch wegen Schadensersatz anzugehen ist natürlich ebenfalls ziemlich dreist.
Nichts liegt mir ferner als die Schuld auf das Kind zu schieben und die Frau muss bestraft werden, soviel ist hoffentlich klar. Sogar ich weiß, dass man auch in Rage niemanden anfährt, egal ob Kind oder nicht. Aber wenn der Vorfall so abgelaufen ist, wie ich ihn mir nach meinem Erlebnis von letzter Woche eben auch vorstellen könnte, kann ich die Tat zwar auch nicht entschuldigen aber zumindest ein klitzekleines bisschen nachfühlen. Respekt ist eben keine Einbahnstraße.
Einen verständigen Tag wünscht
moggadodde